Montag, 30. November 2009

Adios Nicaragua

Mein letzter Abend in Nicaragua! Wahnsinn, wie die Zeit vergeht oder wie man hier sagt: El tiempo pasa volando!!
Morgen gehts fuer mich ins Land des Tangos, nach Argentinien. Ich werde um 4 Uhr morgens am Mittwoch in Buenos Aires ankommen. Dort treffe ich dann auf Merle, Fenja und Christoph, drei weitere Freiwillige vom NMZ, die dort ihre Projekte haben. Fuer das Wochenende ist schon ein Trip nach Mar de Plata geplant. Die Zeit in Argentinien werde ich nutzen, um ein bisschen zu reisen, ein paar Dinge zu sehen, Buenos Aires kennenzulernen und ich will unbedingt einen Tanzkurs machen..

Aber erstmal zu meiner letzten Zeit in Nicaragua. Heute hatte ich meine Abschlusspruefung in der Uni, die ich mit Erfolg bestanden habe und jetzt habe ich ein schickes Zertifikat von der Universidad Centroamericana ueber einen erfolgreich absolvierten Sprachkurs. Der Abschied von den anderen Mitgliedern des Kurses war irgendwie schwerer als gedacht, ich bin einfach kein Fan von Abschieden.
Am Samstag war die Graduation der Kinder. War eine schoene Zeremonie, wie ich fand. Aber eine Sache, die mich echt aufgeregt hat, ist die nicht vorhandene Zuhoer-Moral der Leute hier. Ist mir auch vorher schon einige Male aufgefallen, dass es hier anscheinend nicht selbstverstaendlich ist, still zu sein, wenn jemand eine Rede haelt. Es wird sich einfach weiter unterhalten und der Redner ignoriert das in der Regel und redet einfach weiter, auch wenn man ihn gar nicht verstehen kann, weil der halbe Saal vor sich hinbrabbelt. Naja. Als ich meine kleine Rede gehalten habe, war es erstaunlich still und sogar die Kleinen haben mir Aufmerksamkeit geschenkt ;) Danach gab es noch ein bisschen Essen und Beisammensein aber das ganze war auch relativ schnell wieder zu Ende. Einige der Kinder waren echt suess anhaegnlich an dem Abend, haben wohl auch die Abschiedsstimmung wahrgenommen. Mir fehlen sie jetzt schon total, besonders einige, die mir besonders ans Herz gewachsen sind. Ich wuerde so gerne weiter mitverfolgen, wie es ihnen auf der neuen Schule ergeht, wie sie sich entwickeln und sie ein bisschen dabei begleiten aber das geht leider einfach nicht.
Auch einige von den Eltern waren echt toll, sind zu mir gekommen und haben sich bedankt und gesagt, sie wuerden sich freuen, mich noch einmal in Nicaragua zu sehen. Mich freut es total, zu sehen, wie ich hier als gleichberechtigte Lehrerin akzeptiert wurde. Auch auf den Diplomen steht bei "Profesora" mein Name und meine Unterschrift und ich war auch diejenige, die die Papiere den Kindern ueberreicht hat. So behalten auch sie mich ein bisschen in Erinnerung :) Hoffentlich. Ich werde meine Kleinen auf jeden Fall mein Leben lang nicht vergessen.

Meinen Abschied im Casa Samaritana hatte ich am Freitag. Auch die Menschen dort, diese Gemeinschaft, die Arbeit, das alles wird mir sehr fehlen. Aber es war auf jeden Fall eine der wichtigsten Erfahrungen meines Lebens und ich habe soviel gelernt in diesem Projekt. Ueber Armut, ueber die Situation dieser Frauen aber auch ueber mich.

Aaaach soviele Abschiede in so kurzer Zeit, schlimm schlimm ist das.

Ganz viel von dem, was ich in meiner letzten Woche noch machen wollte, konnte ich leider nicht verwirklichen weil ich drei Tage mit 39 Grad Fieber im Bett lag, inclusive Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Magenkraempfen. Am Mittwoch Abend bin ich dann fast zusammengeklappt, deshalb ist Vivi mit mir am Donnerstag ins Krankenhaus. Da wurde ich dann einmal komplett durchgecheckt auf Dengue-Fieber, Malaria etc. Aber Gott sei Dank nur eine Infektion, was genau weiss ich nicht, aber auf jeden Fall nix Schlimmes und jetzt bin ich auch wieder fit wie n Turnschuh.

Jaja, schon geht meine Zeit in diesem wundervollen Land zu Ende. Werde wohl nochmal einen Artikel schreiben muessen und das alles reflektieren aber nicht jetzt denn morgen geht mein Flieger und meine Koffer sind NICHT gepackt.. Etwas, was ich hier auf jeden Fall schonmal nicht gelernt habe ist, Sachen rechtzeitig anzufangen. Immer auf den letzten Druecker. Naja, wenigstens bleibe ich mir treu :)

Ich melde mich aus Buenos Aires, ihr Lieben!!!

Adios Nicaragua..te voy a extrañar!!

Donnerstag, 19. November 2009

Die letzten Tage

Ich bin ein Fan von To-do Listen und habe mir grade mal eine erstellt fuer meine letzten 10 (!) Tage in Nicaragua und dachte mir spontan, ich lasse euch daran teilhaben :)
Morgen ist schon der letzte Schultag in der Vorschule. Die haben ihre Sommerferien ja im Dezember. Da werden wir Spiele spielen, einen Film gucken, Suessigkeiten essen etc und das ganze ist auch eine Art Abschied, weil 13 der Kinder ja die Vorschule jetzt beenden, um dann auf die "richtige" Schule zu gehen. Oh man, ich bin sicher, die Kleinen werden mir total fehlen. Sind mir doch schon ganz schoen ans Herz gewachsen.
Naechste Woche Samstag ist dann die Graduación der Kinder, wo sie also offiziell aus der Schule entlassen werden und das ganze wird dann gefolgt von einer Feier. Dafuer muessen Vivi und ich die komplette Deko kaufen bzw die Materialien, denn wir muessen das alles selber basteln, kaufen ist zu teuer. Dafuer fahren wir Samstag auf den Mercado Oriental und dann muessen wir auch endlich mal mit der Vorbereitung anfangen. Ich muss auf der Graduación eine kleine Rede halten, die muesste ich dann auch nochmal schreiben irgendwann.
Ausserdem arbeite ich grade an einem Text fuers Casa Samaritana ueber meine Erfahrungen in diesem Projekt. Die bringen naemlich immer eine kleine Zeitschrift raus und da wollen sie mich gerne drin haben. Das freut mich und mir macht sowas auch total Spass, aber es ist eben auch zeitaufwendig und besonders auf einer anderen Sprache, auch wenn ich echt schon ziemlich fit bin im Spanischen ( ein bisschen Eigenlob muss auch mal sein).
Am Montag steht dann ein Ausflug mit meinem Sprachkurs von der Uni auf dem Programm, Es geht ans Meer zum Angeln.. Aaaeh ja.. ich und angeln?!?!?!
Ich hab die schon vorgewarnt, dass ich nichtmal eine Stunde ruhig auf einem Fleck sitzen kann und ich ihnen eher alle Fische verteibe mit meiner Hyperaktivitaet aber fuer mich wird das dann eben einfach ein Strandtag.
Die naechste Woche, die ja meine letzte ist :( habe ich natuerlich neben der Vorbereitung der Graduación noch meinen normalen Alltag an der Uni und im Casa Samaritana. Da ist am Freitag, den 27.11. dann mein Abschied. Nebenbei hab ich mir selbst noch auf die Todo-Liste geschrieben, Vivi einen Adventskalender zu machen. Die kennen das hier gar nicht aber ich hab Vivi davon erzaehlt und sie war davon so begeistert, dass ich beschlossen habe, ihr damit eine Freude zu machen. Ja und dann ist am Montag, den 30.11. wohl mein Abschied in der Uni und dann am Dienstag bin ich auch schon weg hier. Traurig..

Danach geht es weiter nach Buenos Aires. Da sind auch schon die ersten beiden Wochenenden verplant mit Ausfluegen zum Beispiel nach Uruguay. Also keine Zeit zum Ausruhen.
Auch wenn der Blog Nati in Nicaragua heisst werde ich natuerlich auch von meinen Erfahrungen da berichten, wobei das hauptsaechlich Reisen sein wird.. Und einen Tangokurs will ich machen :) Muss ja drin sein,wenn man mal in Argentinien ist, ne?

Jaaaa ihr seht also, el tiempo pasa volando, die Zeit fliegt und ich habe voll zu tun. So mag ichs zwar aber ueber ein bisschen mehr Zeit in Nicaragua waere ich nicht ungluecklich. So, jetzt muss ich aber weiter machen, meine Todo Liste auch zu erledigen und nicht nur darueber zu schreiben.

Ich gruesse euch und sende euch Besitos!!

Foto-Post

Ich glaub ich gar nicht erwaehnt, dass ich in León war, um mir das mal anzugucken. Huebsches Staedtchen. Gibt jetzt nicht sooo viel zu erzaehlen, deshalb schweige ich und stelle einfach ein paar Fotos rein :)




León

Catedral

Gigantona- das sind Gruppen (meistens Kinder), die auf der Strasse auftreten, um damit ein bisschen Geld zu verdienen. Zu solch einer Gruppe gehoert immer eine "Riese" (siehe Foto) und einer mit grossem Kopf, die rumspringen und sich um ihre eigene Achse drehen, waehrend die anderen Mitglieder trommeln und einer das ganze kommentiert, son bisschen wie ein Stadionsprecher. Sieht man relativ oft in Nicaragua.

Im Gegensatz zu Managua gibt es in León schoene Gebaeude.. :)


Hamburgo-Leon, da war ich gluecklich. Wie einen ein kleiner Link nach Hause in der Ferne erfreuen kann :) So gings mir auch, als ich das erste Mal Hamburg-Sued Container in Managua gesehen habe..

Mittwoch, 18. November 2009

Kinder ohne Kindertraeume

Hoooooooola,

so Farina ist wieder weg, meine Erkaeltung auch fast. Das war echt doof, ausgerechnet an diesem Wochenende krank zu werden, weil wir unseren Trip an den Pazifik nicht machen konnten, wie schaaade. Aber trotzdem waren es total coole Tage mit ihr. Erstens war es interessant, mal wieder deutsch zu reden :) aber auch einfach mit jemanden, den man schon kennt, ein bisschen die Erfahrungen hier teilen zu koennen, war einfach groooosartig. Viel zu erzaehlen gibt es aber nicht vom letzten Wochenende, also komme ich jetzt zu was traurigem ( was fuer ne Traum- Ueberleitung hahahah).

Ich beteilige mich an einem Projekt einer jungen Lehrerin aus Deutschland, die ihren Schuelern zeigen moechte, wie andere Kinder in allen moeglichen Teilen der Welt leben. Eigentlich habe ich zwar auch so genug zu tun die letzten zwei Wochen, aber ich finde dieses Projekt total toll und mir haette das als Kind supergut gefallen, deshalb mache ich da trotz mangelnder Zeit mit. Ich bin ja stressresistent.
Um mir einen kleinen Leitfaden zu geben, hat sie mir einige Fragen geschickt, die ich den Kindern stellen kann. Das habe ich dann heute gemacht.
Zuerst hab ich mir zwei Maedchen geschnappt, Rosmery und Luzdary (ich dachte mir, bei Jungs und Maedels in dem Alter gibt es ja manchmal Hemmschwellen, deshalb mache ich das besser getrennt) und das ganze ein bisschen als Spiel verpackt. Ich war die Reporterin von einer Zeitung und die beiden ganz wichtige Leute, ueber die unbedingt die ganze Welt was erfahren muss. In Wirklichkeit wussten sie schon, dass es fuer Kinder in Deutschland ist, aber so hatten sie total viel Spass an der Idee und waren gleich Feuer und Flamme. Angefangen hab ich mit "harmlosen" Fragen, wie Geschwister, Haustiere, Alltag, welche Spielsachen sie haben etc. Es hat sich bald rausgestellt, dass die beiden, wie ich glaube, ein relativ grosses Vertrauen schon zu mir haben, weil sie total offen waren und wir auch schnell auf schwierige Themen zu sprechen kamen. Das sind dann immer wieder Momente, in denen ich staune, wie reif ein 6 jaehriges Kind schon sein kann. Aber dabei sind eben auch ganz traurige Sachen ans Licht gekommen, die mich ziemlich beschaeftigen.
Von Luzdary hatte ich glaube ich schonmal erzaehlt, das ist das Maedchen, von dem ich schon wusste, dass sie in schwierigen Verhaeltnissen lebt. Ihre Mutter scheint ziemlich streng und wenig liebevoll zu sein, die Familie ist extrem arm, sie selbst ist von einem anderen Vater als ihre kleinen Schwestern, sowohl sie als auch ihre Schwester haben eine Hautkrankheit, gegen die aber niemand in der Familie was tut etc. Es gibt sicher noch mehr Dinge, die ich aufzaehlen koennte. Schon, als ich nach ihrer Wohnsituation gefragt habe, wurde mir dann klar, dass sie NOCH aermer sind, als ich gedacht haette. Das Haus hat zwei Zimmer, fuer fuenf Personen und das heisst nicht wie in Deutschland PLUS Kueche und Bad. Sie selbst schlaeft in einer Wiege, wobei sie eigentlich dafuer schon zu gross sein muesste. Eine Kueche haben sie gar nicht, nur eine Feuerstelle draussen. Dass es kein fliessend Wasser gibt, muss ich glaub ich nicht extra erwaehnen. Dann leben sie auf engstem Raum mit Huehnern, Kuehen und Schweinen, es koennte sein, dass daher auch die Hautkrankheit kommt.. Nach der Schule sieht sie nur fern, mit der Ausnahme, dass sie einmal am Tag zum Strassenverkauf geht, um Sachen einzukaufen, die ihre Eltern ihr auftragen. Ansonsten macht sie bis zum Schlafengehen nix anderen. Das ist, wie ich finde, schon ziemlich traurig aber lange noch nicht alles. Ich hab sie naemlich dann gefragt, wie sie sich ihre Zukunft vorstellt. Sie moechte gerne studieren und dann Aerztin oder Polizistin werden. Auf die Frage, ob sie denn auch heiraten und Kinder haben moechte, hat sie so entschieden mit NEIN geantwortet, dass ich schon hellhoerig geworden bin und dachte "gut, jetzt vorsichtig, weil es jetzt persoenlich wird fuer sie, aber da musst du nachhaken". Also hab ich sie gefragt, ob sie findet, dass eine Frau, die alleine lebt, besser dran ist. Die Antwort war "ja". "Warum", habe ich gefragt.
-"Weil es dann keinen Mann gibt, der sie misshandeln und schlagen kann".
-"Passiert das in deiner Familie?"
-"Ja, mein Vater schlaegt meine Mama oft"
-"Und schlaegt er auch dich und deine Schwestern?"
Dass die Antwort auch hier wieder ja sein wird, hab ich mir schon vorher gedacht. Da musste ich schon schlucken. Bei Rosmery hat das Ansprechen dieses Themas anscheinend auch was geloest, denn sie hat dann eingeworfen, ihr Vater wuerde ihre Mutter auch schlagen. Das hat mich dann nochmal schockiert, weil ich eigentlich immer dachte, dass Rosmery aus ganz guten Verhaeltnissen kommt und sie auch einfach ein so froehliches, aufgewecktes Kind ist. Die Wahrheit sieht anders aus. Ihre Eltern sind eigentlich tagsueber nie zu Hause weil sie arbeiten, bei ihr ist dann ihre Tante und auch in dieser Familie findet haeusliche Gewalt statt.
Meine letzte Frage an die beiden war, was denn ihr groesster Wunsch waere. Wenn man eine solche Frage an zwei sechsjaehrige Maedchen richtet, dann erwartet man Antworten wie "Mal das Meer zu sehen, mal in einem grossen Haus leben, Spielsachen fuer 10000 Cordoba einkaufen, ein eigenes Pferd, etc." Aber nein, die Traeume dieser Maedchen sehen anders aus:

Rosmery sagt, die hat nie Traeume, ausser wenn ihr Vater ihre Mutter schlaegt, dann wuenscht sie sich nichts mehr, als dass er damit aufhoert und es nie wieder macht.

Luzdarys Traum ist es, zu studieren und eine gute Arbeit zu haben, mit der sie Geld verdient, das sie ihrer Mutter geben kann, damit ihre kleinen Schwestern keinen Hunger mehr haben muessen. Und ihr anderer Traum ist es, dass ihre Schwester gesund wird.
Ich habe sie dann gefragt, ob sie sich das nicht auch fuer sich wuenscht, weil sie doch die gleiche Krankheit hat, da meinte sie nur, das sei ihr egal, wichtig ist, dass ihre kleine Schwester gesund wird.

Ich hab mir das vor den Maedchen natuerlich nicht anmerken lassen, aber das war schon harte Kost. Man erwartet von einem sechsjaehrigen (!!!) Kind niemals eine solche Reife. Das Problem ist, dass es zwar wohl auch ein wenig mit ihrem Charakter zutun hat, aber eine solche pessimistische und irgendwie auch realistische Weltanschauung zeigt doch vor allem, dass diese Kinder im Grunde keine Kinder sein duerfen zu Hause. Was ich da bekommen habe heute, ist ein ganz anderer Einblick in ihr Leben. In der Schule sind sie eben Kinder, spielen, lachen, sind laut und manchmal anstrengend, wollen nicht lernen, albern rum.. wie man sich Kinder eben vorstellt. Aber zu Hause sieht das ganz anders aus... Mit sechs Jahren keine kindlichen Traeume zu haben, dass ist irgendwie unfassbar heftig. Wenn ich versuche, mich zurueck zu erinnern, wie ich mit sechs Jahren war oder auch, wenn ich mir die Kinder vorstelle, die ich aus Deutschland in diesem Alter kenne, dann ergibt sich da ein voellig anderes Bild. Sind Kinder in diesem Alter nocht normalerweise unbedarft, haben Traeume und eine wundervolle kindliche Naivitaet? Und sollte es nicht auch so sein?

Am Dienstag werde ich die beiden zu Hause besuchen, ich bin gespannt, was ich da so zu sehen bekomme.
Auch wenn mir dieses Gespraech heute schon ein wenig zu denken gibt, bin ich total dankbar dafuer. Zum einen fuer das Vertrauen, dass die Kleinen mir entgegengebracht haben und zum anderen, weil es mir wieder einmal einen Einblick in so viele Dinge ermoeglicht hat. Zum einen in die Menschen, denn ich weiss, dass haeusliche Gewalt hier keine Seltenheit ist, aber es aus dem Mund von zwei kleinen Maedchen zu hoeren, die damit leben, ist nochmal etwas ganz anderes.
Zum anderen zeigt es aber soviel ueber die Psyche der Kinder, wie praegend die familiaere Situation ist, sie stark die Kindheit davon abhaengig ist, und wie sehr es die Entwicklung der Kinder beeinflusst. Da hoer ich jetzt auf, weil es sehr psychologisch ist. Das ist fuer mich zwar waaaaahnsinnig interessant aber fuer viele bestimmt auch langweilig und da ich darueber jetzt einen Roman hier schreiben koennte, hoere ich lieber rechtzeitig auf. Wer mehr darueber wissen will, soll Bescheid sagen und kann sich gerne mit mir in einer stundenlangen Disskussion darueber verlaufen :)
Aber Spass beiseite. Das war schon ein wirklich besonderes Gespraech und ich habe unter anderem auch gemerkt, wie sehr es mich reizen wuerde, mit Kindern zu arbeiten. Also auch, wenn ich mir ueber meine berufliche Zukunft Gedanken mache. Es macht mich traurig, dass ich diesen Maedchen nicht helfen kann, denn in zwei Wochen bin ich nicht mehr hier. So wie es eben mit Freiwilligen ist. Ich kann nur einen Einblick bekommen, vielleicht ein bisschen ihre Situation kennen und verstehen lernen und die Erfahungen nach aussen tragen, unter die Leute bringen, so wie ich es grad tue. Auf diese Weise werden vielleicht ein paar mehr Leute wach, und halten sich wieder mal vor Augen, wie gut wir es in Deutschland haben.
Das heisst nicht, dass es nicht auch dort Kinder in schwierigen Situationen oder haeusliche Gewalt gibt. Das will ich damit auf keinen Fall sagen. Aber ich behaupte, das Armut solche Probleme foerdert. Ich versuch das mal zu erklaeren:
Aus Armut folgt zum Beispiel Abhaengigkeit. Viele Frauen hier haben rein wirtschaftlich gesehen ueberhaupt keine Moeglichkeit, sich von ihrem Mann zu trennen, auch wenn sie misshandelt werden. Da gibt es zum Beispiel ganz andere Moeglichkeiten.
Auch auf staatlicher Ebene. Nicaragua ist einfach ein verdammt armes Land. Wenn in Deutschland ein Kind von den eignenen Eltern bis zum Tode misshandelt wird, dannwird das zum Beispiel oft als gravierender, wahnsinnig trauriger Fehler des Jugendamtes tituliert. Hier gibt es nichtmal ein vergleichbares Amt, das die selben Moeglichkeiten hat wie in Deutschland. Was hier Familienintern alles an Misshandlung, Vergewaltigung etc passiert, kann niemand genau wissen und auch niemand wirklich herausfinden.
Wenn in Deutschland ein Kind zur Polizei gehen wuerde und erzaehlen wuerde, in was fuer schlechten Verhaeltnissen es lebt, mit Gewalt und so weiter, dann wuerde sowohl der Staat, als auch die Presse Alarm schlagen. Hier hat man andere Probleme. So hart es klingt.
Deutschland ist so geordnet, so reich und wohlstaendig, dass man Moeglichkeiten hat, Kinder in solchen Situationen zu unterstuetzen und sie im Notfall dem Einfluss der Eltern zu entziehen. Dafuer gibt es Heime oder Pflegefamilien.
Nicaragua viel ungeordneter, die Situation ist instabil, der Staatsapparat korrupt und es fehlt vorne und hinten an Geld.
Bei der Menge an Strassenkindern, die ueberhaupt kein zu Hause haben, kann sich niemand um Kinder kuemmern, bei denen es zu Hause nicht so gut aussieht. Sollen sie froh sein, dass sie ein Zuhause und etwas zu essen haben.
Manchmal ist die Wahrheit echt deprimierend aber ich musste das grade mal aussprechen.

Morgen versuche ich, mal wieder ein paar Fotos online zu stellen und ich hoffe, der naechste Post wird wieder froehlicher..

Es gruesst euch, eure Natiiii

Samstag, 14. November 2009

Die Zeit rennt

Wie schlimm.. mir bleiben nur noch zwei Wochen in Nicaragua. Drei Monate sind zu kurz. Eindeutig. Ich hab das Gefuehl, noch so viel machen zu muessen, aber einfach keine Zeit mehr zu haben, ich will noch so viel sehen und ueberhaupt. Deshalb bin ich schon am Fluege fuer naechstes Jahr suchen :)
Aber kommen wir mal zum hier und jetzt. Grade hab ich naemlich Besuch von Farina. Fuer alle, die sie nicht kennen, ich hab mit ihr Abi gemacht und sie macht grad eine Rundreise durch Suedamerka und da haben wir spontan entschieden, dass sie mich mal besuchen kommt. Mittwoch ist sie gekommen und bleibt bis Montag oder Dienstag. Eigentlich wollten wir heute wegfahren nach Leon und dann weiter an den Pazifik nach Las Peñitas aber Nati hat sich ne Erkaeltung zugezogen (eine Sache, die auch nur ich schaffen kann, sich bei 35 Grad eine Erkaeltung zu holen) deshalb lieg ich heute flach und hoffe, es wird morgen schon besser sein, damit wir trotzdem unseren Strandtag machen koennen.
Abgesehen davon ist es totaaaaal cool, jemanden hier zu haben, den man kennt und auch, mal wieder ein bisschen Deutsch zu reden, wobei wir uns viel auf Spanisch unterhalten, damit Vivi uns versteht. Am ersten Tag dachte ich auch tatsaechlich, ich hab Deutsch verlernt, da ich diverse Male auf Spanisch angefangen habe zu reden, ohne es zu merken.
Mittlerweile bin ich wieder drin :)
Ich stelle bald mal ein paar Fotos der letzten Tage rein, jetzt mach ich erstmal wieder Schluss, bin nicht so richtog in Schreiblaune heute..

Adios Amigos

Samstag, 7. November 2009

Hurrican Ida in Nicaragua

Hey ihr,

vielleicht haben einige von euch gehoert, dass der Hurrican Ida Nicaragua erreicht hat.
An der Altantikkueste mussten deswegen auch um die 1000 Menschen evakuiert werden.
Wollte eigentlich nur kurz mitteilen, dass man sich um mich aber keine Sorgen machen muss, der Hurrican ist nur an der Altantikkueste und wird Managua nicht treffen. Zum Glueck.
Ein bisschen was haben wir von dem Sturm gemerkt aber nur in Form des Wetters. Seit Donnerstag ist der Himmel grau und es regnet, obwohl die Regenzeit eigentlich jetzt vorbei sein muesste. Das ist auch kein tropischer Platzregen wie normalerweise sondern es regnet eben fast den ganzen Tag vor sich hin. Wie in Deutschland. Koennte man glatt heimische Gefuehle kriegen :) Hoffen wir mal, dass der Sturm sich bald beruhigt und keine Opfer fordert!!

Liebe Gruesse

Dienstag, 3. November 2009

Nachtleben, Fiesta del Quesillo, Pochomil

Hui dieses Wochenende ist viel passiert :) Ich beginne chronologisch am Samstag.

Nachtleben

Ich hatte tatsaechlich mal abends was vor, ich kanns selbst kaum glauben. Es fing damit an, dass ich im stroemenden Regen am Nachmittag (es muss ja noch hell sein) zu Vanessa gefahren bin ( der anderen Freiwilligen). Die Anfahrt, einmal quer durch Managua, beinhaltete meine erste Taxi-Fahrt alleine. Taxifahren darf man sich nicht so vorstellen wie in Deutschland. Erstens sind die Taxen alt, klapprig und zum Teil kaputt (es fehlen Scheiben, Tueren lassen sich nicht oeffnen, Anschnallguerte gibt es sowieso erstmal gar nicht) aber das ist nicht das Schlimme. Zum anderen naemlich ist Taxi-Fahren nicht unbedungt ein sicheres Fortbewegungsmittel. Es kommt immer wieder zu (bewaffneten) Raubueberfaellen oder schlimmerem, viele Taxifahrer haben keine Lizenz und einige geben sich eben auch nur als solche aus. Das auswaertige Amt warnt davor, ueberhaupt Taxen zu benutzen und auch muendlich ueberliefert hab ich schon einige Schauergeschichten gehoert. Dementsprechend hatte ich ein ungutes Gefuehl und meine Nagelschere griffbereit in der Hand. Ist zwar ein bisschen
seltsam, da einem im Ernstfall wohl die Nagelschere auch nicht weiterhilft aber man fuehlt sich zumindest ein bisschen bewaffnet ;) aber zum Glueck habe ich sie nicht mal annaehernd gebraucht. Es ist alles gut gegangen und ich glaube, wenn man einfach ein bisschen aufmerksam ist und auf seine Intuition vertraut, kann man tagsueber ruhig Taxifahren, was ich dieses Wochenende letztendlich auch ziemlich viel gemacht hab. Nach der ersten Fahrt war auch das ungute Gefuehl weg, die Hemmschwelle also sozusagen durchbrochen.
Ich bin also zu Vanessa und hab da mit ihr und ihrer Mitbewohnerin Jenny zu abend gegessen. Um acht wurden
wir dann abgeholt und haben uns mit zwei Mitarbeiterinnen vom
Casa Samaritana in einer Bar getroffen. Da hat eine brasilianische Band live gespielt, was ziemlich cool war und auch die Stimmung in der Bar war gut. Viele junge Leute aber insgesamt ein sehr angenehmes Publikum.
Zu uns gestossen ist dann noch eine Frau, die zwar schon etwas aelter war aber dafuer umso lustiger. Sie ist mit einem Deutschen verheiratet, spricht aber selbst nur ganz wenig.
Danach sind wir dann weiter in eine Disko. Auch da war das Publikum sehr angenehm, kaum jemand betrunken oder irgendwie komisch. Es waren alle Altersklassen vertreten und gute Stimmung. Der Laden war echt anders, als man sich eine Diskothek vorstellt, vor allem, wenn man bedenkt, dass es fuer nicaraguanische Verhaeltnisse viel Eintritt kostet (30 Cordoba, also ca ein Euro). Auf Einrichtung oder so wird naemlich kaum Wert gelegt, es war einfach ein grosser Raum mit einer Tanzflache in der Mitte und Sofas und Stuehlen aussenrum. Nix mit speziellem Design, Lichteffekten oder so. Die Musik war eine Mischung aus modern und traditionell, fast ausschliesslich auf Spanisch und typisch fuer Lateinamerika. Zwischendurch hat auch eine Band live gespielt und es wurde Karaoke gesungen, wo ich auch fleissig mitgesungen hab, ohne die Lieder zu kennen, was fuer allgemeine Belustigung unter den Leuten gesorgt hat, mit denen ich unterwegs war. Ich hab viel getanzt und das macht echt total Spass. Es tanzen naemlich fast alle. Getanzt wird zwar frei aber die Schritte enthalten immer ziemlich viel Salsa, Samba etc. Es tat unheimlich gut, mich mal wieder ein bisschen auszutoben und auch mal laenger aufzubleiben als bis 12 Uhr. Uebernachtet hab ich bei Vanessa, da es bis zur Villa Libertad einfach viel zu weit ist und ich auch nachts eigentlich nicht nach Hause komme.
Am Sonntag hab ich dann das erste Mal seit zwei Monaten ausgeschafen (bis halb 10). Bei uns hier ist das nicht moeglich, da Lucohed am Wochenende meistens um 6 oder 7 anfaengt zu arbeiten, das bedeutet Motoradlaerm direkt neben meinem Zimmerfenster und wenn es mal nicht das ist, dann schreien mich Huehner, Hunde sonst irgendwas immer wach.

Fiesta del Quesillo

Nach dem Fruehstueck haben wir uns
dann zu zweit auf den Weg nach Nagarote gemacht. Das ist ein Pueblo ca eine Stunde von Managua entfernt.
Der Grund des Ausflugs war die "Fiesta de Quesillo". Quesillo ist das fuer Nagarote typische Essen, ein Tortilla mit Kaese, Salat und Sosse. Und einmal im Jahr wird das eben gefeiert. Dann gibt es viel Staende mit Essen, viele mit Kleidung, Schuhen, Taschen, Schmuck und typische nicaraguanischen Sachen.
Ausserdem ist eine Buehne aufgebaut, wo irgendwelche Musik, Taenze oder aehnliches aufgefuehrt wird. Und es gab ein mit der Hand betriebenes Karussell fuer Kinder. Es war ein Fest nur fuer die Einheimischen, wir waren wohl die einzigen Touris. Sowas ist immer interessant, weil es einem viel ueber die Kultur und die Menschen eines Landes verraet. Ich hab ein bisschen was gekauft und anschliessen haben wir natuerlich auch Quesillos gegessen. Ansonsten gibt es in Naragote nicht viel zu sehen aber es ist ein nettes kleines Oertchen und war ein schoener Ausflug.

Pochomil

Montag war hier ein Feiertag. Sowas wie Totensonntag, nur, dass es kein Sonntag war und hier dann auch richtig was los ist. So ziemlich jeder, bei dem jemand in der Familie verstorben ist, geht dann zum Freidhof, um das Grad zu verschoenern und mit Blumen zu schmuecken. Das sieht man schonmal daran, dass es auf einmal ueberall Blumen zu kaufen gibt, was sonst eigentlich nicht der Fall ist. Und wenn man an einem Friedhof vorbeikommt, wimmelt es von Menschen und Blumen, alles ist bunt und es herrscht ein reges Treiben. Ich finde diesen Brauch total schoen, da das ganze Land gemeinsam trauert und an die Verstorbenen denkt. Eine der wunderschoenen Seiten dieser Kultur, davon koennten wir uns ein bisschen abschneiden finde ich.
Vanessa und ich haben den freien Tag fuer einen weiteren Ausflug genutzt. Leider musste sie bis zum spaeten Vormittag arbeiten, so kamen wir nicht wirklich frueh los. Geplant war Pochomil, ein kleiner Ort direkt am Pazifik. Leider hat uns niemand gesagt, dass der Bus dahin ueber zwei Stunden braucht. So hatten wir in Pochomil selbst nur total wenig Zeit, aber eigentlich fahr schon die Fahrt dahin ein Erlebnis wert. Es ging naemlich vorbei am dichtesten Wald, den ich in meinem ganzen Leben gesehen hab, wenn ich mich nicht irre, zaehlt man den auch zum mittelamerikanischen Dschungel. Das ganze war ziemlich uneben und durch diese "Dschungel-Berge" schlaengelte sich eine Strasse. Dementsprechend ging es manchmal links und rechts steil runter, fragt mich nicht, wieviele Meter, ich will es gar nicht wissen! Gesichtert durch Leitplanken oder so war da natuerlich gar nichts aber ich haette auch mit Leitplanken Todesaengste durchgestanden. Wenn es neben einem steil runter geht und du weit weit unter dir nur Urwald siehst, und dann der Busfahrer mit seinem ca 1000 Jahre alten Bus mit ca 1000 km/h ueber die holprige Strasse pest und man bei jeder Kurve denkt, diesmal schafft der Bus es nicht, diesmal kommen wir bei diesem Tempo nicht um diese scharfe Kurve, dann wird einem doch ganz anders. Die Sicht jedoch war der absolute Hammer. Bis zum Horizont konnte man gucken und da war nichts als Wald, keine einzige Siedlung, kein Dorf, nix. Und irgendwann tauchte dann am Horizont hinter dem Dschungel der Pazifik auf. Ich hab versucht, Fotos zu machen, aber erstens war das aus dem Bus raus schwierig und zweitens ist es sowieso unmoeglich, dieses Hammer-Bild auf einem Foto wiederzugeben. Man kann es sich also nur annaehernd vorstelllen.







Pochomilo ist ein huebscher Ort und wirklich direkt am Pazifik. Der Strand war leer, breit und echt schoen. Das Meer war warm, wie meine Fuesse festgestellt haben. Ganz baden konnte ich leider nicht, aus mangelnder Zeit aber es war schon toll, einfach aufs Meer rauszugucken und mir den Wind durch die Haare wehen zu lassen. Nirgendwo anders fuehle ich mich freier als am Meer, mit den Fuessen im Wasser und dem Blick auf den Horizont. Abschliessend haben wir dann am Strand gegessen unter offenen Huetten, die getrocknete Palmwedel als Daecher hatten. So richtig schoen pazifisch eben. Ich herrlich frische Languste gegessen, die hier deutlich guenstiger ist als in Deutschland und es war sehr sehr lecker. Leider hatten wir nicht mehr Zeit, aber es war die Anfahrt trotzdem wert. Es folgen noch einige Fotos :)