Donnerstag, 22. Oktober 2009

Alltag in Managua

Haaaallo ihr Lieben,

erstmal eine gute Nachricht: Vivi (siehe Foto) die Frau, bei der ich hier wohne und mit der ich in der Vorschule arbeite, hat endlich nach langer langer Zeit wieder Internet
(mal sehen wie lange). Das heisst, ich kann von zu Hause ins Internet gehen und muss nicht immer ins Internetcafe. Daher kann ich wohl jetzt endlich mal so regelmaessig diesen Blog fuehren, wie ich es gerne moechte. Vorher war das einfach nicht moeglich, weil ich hier rund um die Uhr beschaeftigt bin in der Woche und nur am Wochenende Zeit habe, um ins Internetcafe zu gehen. Und dann will ich natuerlich erstmal Emails lesen und beantworten oder ne Runde skypen. Dazu kommt und das erschwert das Ganze, dass es um 18 Uhr stockdunkel ist und ich dann nicht mehr draussen sein sollte, daher kann ich die Abende nicht nutzen. Aaaaaber, toi toi toi, ich hoffe, uns bleibt das Internet jetzt etwas laenger erhalten.
Die Gelegenheit nutze ich jetzt mal, um ein bisschen ausfuehrlicher ueber meine Projekte zu berichten:

Vorschule
In der Vorschule bin ich immer vormittags. Es ist nur eine kleine Schule, die einer Kirche angehoert. Im Moment besuchen 22 Kinder die Schule und es gibt zwei Klassen. Ich und Vivi unterrichten Nivel 3, also die aelteren (zwischen 5 und 7 Jahre) und Carolina, die andere Lehrerin unterrichtet Nivel 2 (zwischen 4 und 6 Jahre alt).
Die Kinder lernen Lesen, Schreiben und Rechnen und ein kleines bisschen Englisch aber nicht viel, da auch eigentlich weder Vivi noch Carolina englisch sprechen.
Ich konnte dank meiner auch zu Beginn schon ganz soliden
Spanischkenntnisse von Anfang an mit unterrichten,
besonders Mathe und Englisch und mittlerweile mache ich alles, was Vivi auch macht. Wir wechseln uns viel ab und teilen uns die Arbeit. Der Vorteil daran, dass wir zu zweit sind, ist, dass die Kinder intensiver gefoerdert werden koennen. Zum Beispiel hab ich angefangen, denjenigen, die Schwierigkeiten haben, kurze Einzelnachhilfe zu geben. Also zum Beispiel nehme ich mir dann ein Kind raus fuer 20 Minuten und uebe etwas im Intensivtraining. Das bringt total viel, denn einige bekommen von zu Hause so gut wie keine Unterstuetzung
und muessen alles alleine machen.
Oft brauchen sie dann nur jemanden, der es ihnen einmal richtig erklaert und dann klappt es danach schon viel besser. Ausserdem habe ich dann auch immer die Gelegenheit, die Kleinen zu fragen, wie es ihnen geht und ein bisschen mit ihnen zu reden.
Ein Maedchen zum Beispiel hat ziemliche Probleme zu Hause. Die Mutter ist sehr schwieirg, das bekommt man auch schon mit, wenn sie die Kinder morgens zur Schule bringt. Sie ist alles andere als liebevoll und scheint sich auch nicht wirklich zu kuemmern. Das Maedchen hat eine ziemlich ueble Hautkrankheit mit richtigen Beulen, die bluten und eitern und keiner geht mit der Kleinen mal zum Arzt,
weil es anscheinend nicht fuer noetig gehalten wird.
Ich hab ihr dann gesagt, dass ich ihr ein wenig helfen werde,
solange ich hier bin, auch mit den Problemen in der Schule
und dann hat sie angefangen zu weinen. Und seitdem sucht sie total den Kontakt, will oft in den Arm genommen werden oder an meine Hand. Man merkt, wie sehr sie eine erwachsene Bezugsperson braucht, die fuer sie da ist und ihr ein bisschen Liebe gibt. Es ist schoen, dass ich das jetzt ein bisschen uebernehmen kann aber leider ist es eben nur fuer begrenzte Zeit und dann bin ich wieder weg. Vielleicht kann sie aber zumindest in sofern profitieren, dass sie merkt, .es ist auch ein anderer Umgang moeglich.
Abgesehen von einigen traurigen Geschichten wie dieser ist es aber eigentlich immer ziemlich lustig in der Vorschule. Viele von den Kindern sind echt verrueckt und es macht super viel Spass, mit ihnen rumzualbern. Ich lasse da immer meine ganze ueberschuessige Energie und wer mich kennt, der weiss, davon hab ich reichlich :) Wir lachen viel zusammen und die Kinder geniessen es ziemlich, dass eine Erwachsene mal so richtig viel Quatsch macht.

Casa Samaritana
Das andere Projekt mit den Prosituieren bzw Frauen, die irgendwie damit zutun haben, macht ebenfalls sehr viel Spass, ist aber auch deutlich "haerteres Futter". Hier bin ich immer Freitag Nachmittags zu den "Talleres", das sind Seminare mit Frauen und parallel aber seperat voneinander mit Kindern. Die Frauen, die dorthin kommen, sind in der Mehrzahl Angehoerige von Prostituierten aber auch einige direkt betroffene. Es geht bei den Seminaren um alle moeglichen Themen, von Verhuetung ueber psychologische Unterstuetzung etc. Mit den Kindern wird hauptsaechlich gespielt aber parallel auch spielerisch informiert ueber die Gefahr von Drogen etc. Die Kinder hier sind zwischen 1 und 7 Jahren und sehr sehr suess.
Zweimal in der Woche werden Hausbesuche gemacht, da bin ich nicht jede Woche dabei, nur, wenn es etwas gibt, was auch fuer mich interessant ist.
Die intensivste und wohl auch die wichtigste Arbeit des Casa Samaritana ist die Arbeit direkt auf der Strasse. Zweimal die Woche gehen wir abends los und besuchen die Prostituierten auf der Strasse. Dort verteilen wir Kondome und sehen nach, ob alles in Ordnung ist. Wenn wir im Norden Managuas unterwegs sind, koennen wir das Auto nicht verlassen, weil die Gegend sehr gefaehrlich ist. Und die Frauen stehen da die ganze Nacht, teilweise alleine.
In Masaya sind wir auch zu Fuss unterwegs, weil es weniger gefaherlich ist aber trotzdem ist es auch hier sehr hart, was man so mitbekommt, wobei es im Norden noch deutlich schlimmer ist. Drogenabhaengige, Menschen, die am Strassenrand liegen und bei denen man auf den ersten Blick nicht sehen kann, ob sie schlafen oder schlimmeres, Kinder, die kein zu Hause haben und die an Ampeln auf stehebleibende Autos warten, um nach ein bisschen Geld oder Essen zu fragen. Nachts tun sich nochmal ganz andere Abgruende der Armut auf. Fuer mich ist das auf der einen Seite hart, zu sehen und macht mir auch zu schaffen, aber auf der anderen Seite merke ich, wie sehr ich durch diese Erfahrungen reife und wie sehr es mich nachhaltig praegen wird.

Abrupter Themenwechsel:
Neben meinen Projekten, die mich schon zeitlich gut ausfuellen (nach der Arbeit auf der Strasse bin ich oft erst um halb 12 nachts zu Hause) mache ich noch einen Sprachkurs an der Uni. Das Niveau ist eigentlich etwas zu niedrig aber es ist trotzdem immer ziemlich lustig und die ein oder andere Sache kann ich auch noch lernen. Insgesamt sind wir in unserem Kurs zu siebt und aus fuenft verschiedenen Laendern: Ich vertrete Deutschland, drei kommen aus Korea, eine Frau aus Brasilien, eine aus Lybien und eine aus Russland. Alle sind schon erwachsen, ich bin also mit Abstand die juengste aber es ist immer ziemlich lustig. Heute hatten wir ein Examen, die Zwischenpruefung sozusagen und es war echt einfach. War nach 20 Minuten oder so fertig.
Ansonsten klappt es mit den Spanisch schon echt ziemlich gut, gestern dachten zwei Leute unabhaengig voneinander, dass ich aus Spanien komme, weil sie zwar gehoert haben, dass ich einen Akzent habe aber nicht gedachte haetten, dass ich eigentlich eine andere Sprache spreche. Das hat mich sehr gefreut.

In den wenigen freien Stunden am Tag, die mir bleiben, beschaeftige ich mich mit Lesen, Schreiben, Zeichnen, Vokabeln oder aehnlichem. Am Wochenende unternehme ich natuerlich dann mal was, aber das berichte ich das naechste mal. Hab ja einiges an Berichten nachzuholen :)

Auf jeden Fall kann ich nur sagen, dass meine Projekte mich zeitlich und geistig ziemlich ausfuellen und dass ich echt traurig bin, dass meine Zeit in Nicaragua im Dezember schon zu Ende ist. Danach geht es fuer mich weiiter nach Buenos Aires zu Merle, Fenja und Christoph, drei meiner Mit-Freiwilligen vom Nordelbischen Missionszentrum. Dort werde ich dann einen Monat verbringen und danach werden Fenja und ich noch ein bisschen weiterreisen. Es kommt also noch so einiges auf mich zu.

Jetzt hoer ich mal wieder auf zu schreiben aber ich verspreche, der naechste Bericht laesst nicht so lange auf sich warten.

Bis dahin viele liebe Gruesse
Eure Nati

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