Montag, 30. November 2009

Adios Nicaragua

Mein letzter Abend in Nicaragua! Wahnsinn, wie die Zeit vergeht oder wie man hier sagt: El tiempo pasa volando!!
Morgen gehts fuer mich ins Land des Tangos, nach Argentinien. Ich werde um 4 Uhr morgens am Mittwoch in Buenos Aires ankommen. Dort treffe ich dann auf Merle, Fenja und Christoph, drei weitere Freiwillige vom NMZ, die dort ihre Projekte haben. Fuer das Wochenende ist schon ein Trip nach Mar de Plata geplant. Die Zeit in Argentinien werde ich nutzen, um ein bisschen zu reisen, ein paar Dinge zu sehen, Buenos Aires kennenzulernen und ich will unbedingt einen Tanzkurs machen..

Aber erstmal zu meiner letzten Zeit in Nicaragua. Heute hatte ich meine Abschlusspruefung in der Uni, die ich mit Erfolg bestanden habe und jetzt habe ich ein schickes Zertifikat von der Universidad Centroamericana ueber einen erfolgreich absolvierten Sprachkurs. Der Abschied von den anderen Mitgliedern des Kurses war irgendwie schwerer als gedacht, ich bin einfach kein Fan von Abschieden.
Am Samstag war die Graduation der Kinder. War eine schoene Zeremonie, wie ich fand. Aber eine Sache, die mich echt aufgeregt hat, ist die nicht vorhandene Zuhoer-Moral der Leute hier. Ist mir auch vorher schon einige Male aufgefallen, dass es hier anscheinend nicht selbstverstaendlich ist, still zu sein, wenn jemand eine Rede haelt. Es wird sich einfach weiter unterhalten und der Redner ignoriert das in der Regel und redet einfach weiter, auch wenn man ihn gar nicht verstehen kann, weil der halbe Saal vor sich hinbrabbelt. Naja. Als ich meine kleine Rede gehalten habe, war es erstaunlich still und sogar die Kleinen haben mir Aufmerksamkeit geschenkt ;) Danach gab es noch ein bisschen Essen und Beisammensein aber das ganze war auch relativ schnell wieder zu Ende. Einige der Kinder waren echt suess anhaegnlich an dem Abend, haben wohl auch die Abschiedsstimmung wahrgenommen. Mir fehlen sie jetzt schon total, besonders einige, die mir besonders ans Herz gewachsen sind. Ich wuerde so gerne weiter mitverfolgen, wie es ihnen auf der neuen Schule ergeht, wie sie sich entwickeln und sie ein bisschen dabei begleiten aber das geht leider einfach nicht.
Auch einige von den Eltern waren echt toll, sind zu mir gekommen und haben sich bedankt und gesagt, sie wuerden sich freuen, mich noch einmal in Nicaragua zu sehen. Mich freut es total, zu sehen, wie ich hier als gleichberechtigte Lehrerin akzeptiert wurde. Auch auf den Diplomen steht bei "Profesora" mein Name und meine Unterschrift und ich war auch diejenige, die die Papiere den Kindern ueberreicht hat. So behalten auch sie mich ein bisschen in Erinnerung :) Hoffentlich. Ich werde meine Kleinen auf jeden Fall mein Leben lang nicht vergessen.

Meinen Abschied im Casa Samaritana hatte ich am Freitag. Auch die Menschen dort, diese Gemeinschaft, die Arbeit, das alles wird mir sehr fehlen. Aber es war auf jeden Fall eine der wichtigsten Erfahrungen meines Lebens und ich habe soviel gelernt in diesem Projekt. Ueber Armut, ueber die Situation dieser Frauen aber auch ueber mich.

Aaaach soviele Abschiede in so kurzer Zeit, schlimm schlimm ist das.

Ganz viel von dem, was ich in meiner letzten Woche noch machen wollte, konnte ich leider nicht verwirklichen weil ich drei Tage mit 39 Grad Fieber im Bett lag, inclusive Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Magenkraempfen. Am Mittwoch Abend bin ich dann fast zusammengeklappt, deshalb ist Vivi mit mir am Donnerstag ins Krankenhaus. Da wurde ich dann einmal komplett durchgecheckt auf Dengue-Fieber, Malaria etc. Aber Gott sei Dank nur eine Infektion, was genau weiss ich nicht, aber auf jeden Fall nix Schlimmes und jetzt bin ich auch wieder fit wie n Turnschuh.

Jaja, schon geht meine Zeit in diesem wundervollen Land zu Ende. Werde wohl nochmal einen Artikel schreiben muessen und das alles reflektieren aber nicht jetzt denn morgen geht mein Flieger und meine Koffer sind NICHT gepackt.. Etwas, was ich hier auf jeden Fall schonmal nicht gelernt habe ist, Sachen rechtzeitig anzufangen. Immer auf den letzten Druecker. Naja, wenigstens bleibe ich mir treu :)

Ich melde mich aus Buenos Aires, ihr Lieben!!!

Adios Nicaragua..te voy a extrañar!!

Donnerstag, 19. November 2009

Die letzten Tage

Ich bin ein Fan von To-do Listen und habe mir grade mal eine erstellt fuer meine letzten 10 (!) Tage in Nicaragua und dachte mir spontan, ich lasse euch daran teilhaben :)
Morgen ist schon der letzte Schultag in der Vorschule. Die haben ihre Sommerferien ja im Dezember. Da werden wir Spiele spielen, einen Film gucken, Suessigkeiten essen etc und das ganze ist auch eine Art Abschied, weil 13 der Kinder ja die Vorschule jetzt beenden, um dann auf die "richtige" Schule zu gehen. Oh man, ich bin sicher, die Kleinen werden mir total fehlen. Sind mir doch schon ganz schoen ans Herz gewachsen.
Naechste Woche Samstag ist dann die Graduación der Kinder, wo sie also offiziell aus der Schule entlassen werden und das ganze wird dann gefolgt von einer Feier. Dafuer muessen Vivi und ich die komplette Deko kaufen bzw die Materialien, denn wir muessen das alles selber basteln, kaufen ist zu teuer. Dafuer fahren wir Samstag auf den Mercado Oriental und dann muessen wir auch endlich mal mit der Vorbereitung anfangen. Ich muss auf der Graduación eine kleine Rede halten, die muesste ich dann auch nochmal schreiben irgendwann.
Ausserdem arbeite ich grade an einem Text fuers Casa Samaritana ueber meine Erfahrungen in diesem Projekt. Die bringen naemlich immer eine kleine Zeitschrift raus und da wollen sie mich gerne drin haben. Das freut mich und mir macht sowas auch total Spass, aber es ist eben auch zeitaufwendig und besonders auf einer anderen Sprache, auch wenn ich echt schon ziemlich fit bin im Spanischen ( ein bisschen Eigenlob muss auch mal sein).
Am Montag steht dann ein Ausflug mit meinem Sprachkurs von der Uni auf dem Programm, Es geht ans Meer zum Angeln.. Aaaeh ja.. ich und angeln?!?!?!
Ich hab die schon vorgewarnt, dass ich nichtmal eine Stunde ruhig auf einem Fleck sitzen kann und ich ihnen eher alle Fische verteibe mit meiner Hyperaktivitaet aber fuer mich wird das dann eben einfach ein Strandtag.
Die naechste Woche, die ja meine letzte ist :( habe ich natuerlich neben der Vorbereitung der Graduación noch meinen normalen Alltag an der Uni und im Casa Samaritana. Da ist am Freitag, den 27.11. dann mein Abschied. Nebenbei hab ich mir selbst noch auf die Todo-Liste geschrieben, Vivi einen Adventskalender zu machen. Die kennen das hier gar nicht aber ich hab Vivi davon erzaehlt und sie war davon so begeistert, dass ich beschlossen habe, ihr damit eine Freude zu machen. Ja und dann ist am Montag, den 30.11. wohl mein Abschied in der Uni und dann am Dienstag bin ich auch schon weg hier. Traurig..

Danach geht es weiter nach Buenos Aires. Da sind auch schon die ersten beiden Wochenenden verplant mit Ausfluegen zum Beispiel nach Uruguay. Also keine Zeit zum Ausruhen.
Auch wenn der Blog Nati in Nicaragua heisst werde ich natuerlich auch von meinen Erfahrungen da berichten, wobei das hauptsaechlich Reisen sein wird.. Und einen Tangokurs will ich machen :) Muss ja drin sein,wenn man mal in Argentinien ist, ne?

Jaaaa ihr seht also, el tiempo pasa volando, die Zeit fliegt und ich habe voll zu tun. So mag ichs zwar aber ueber ein bisschen mehr Zeit in Nicaragua waere ich nicht ungluecklich. So, jetzt muss ich aber weiter machen, meine Todo Liste auch zu erledigen und nicht nur darueber zu schreiben.

Ich gruesse euch und sende euch Besitos!!

Foto-Post

Ich glaub ich gar nicht erwaehnt, dass ich in León war, um mir das mal anzugucken. Huebsches Staedtchen. Gibt jetzt nicht sooo viel zu erzaehlen, deshalb schweige ich und stelle einfach ein paar Fotos rein :)




León

Catedral

Gigantona- das sind Gruppen (meistens Kinder), die auf der Strasse auftreten, um damit ein bisschen Geld zu verdienen. Zu solch einer Gruppe gehoert immer eine "Riese" (siehe Foto) und einer mit grossem Kopf, die rumspringen und sich um ihre eigene Achse drehen, waehrend die anderen Mitglieder trommeln und einer das ganze kommentiert, son bisschen wie ein Stadionsprecher. Sieht man relativ oft in Nicaragua.

Im Gegensatz zu Managua gibt es in León schoene Gebaeude.. :)


Hamburgo-Leon, da war ich gluecklich. Wie einen ein kleiner Link nach Hause in der Ferne erfreuen kann :) So gings mir auch, als ich das erste Mal Hamburg-Sued Container in Managua gesehen habe..

Mittwoch, 18. November 2009

Kinder ohne Kindertraeume

Hoooooooola,

so Farina ist wieder weg, meine Erkaeltung auch fast. Das war echt doof, ausgerechnet an diesem Wochenende krank zu werden, weil wir unseren Trip an den Pazifik nicht machen konnten, wie schaaade. Aber trotzdem waren es total coole Tage mit ihr. Erstens war es interessant, mal wieder deutsch zu reden :) aber auch einfach mit jemanden, den man schon kennt, ein bisschen die Erfahrungen hier teilen zu koennen, war einfach groooosartig. Viel zu erzaehlen gibt es aber nicht vom letzten Wochenende, also komme ich jetzt zu was traurigem ( was fuer ne Traum- Ueberleitung hahahah).

Ich beteilige mich an einem Projekt einer jungen Lehrerin aus Deutschland, die ihren Schuelern zeigen moechte, wie andere Kinder in allen moeglichen Teilen der Welt leben. Eigentlich habe ich zwar auch so genug zu tun die letzten zwei Wochen, aber ich finde dieses Projekt total toll und mir haette das als Kind supergut gefallen, deshalb mache ich da trotz mangelnder Zeit mit. Ich bin ja stressresistent.
Um mir einen kleinen Leitfaden zu geben, hat sie mir einige Fragen geschickt, die ich den Kindern stellen kann. Das habe ich dann heute gemacht.
Zuerst hab ich mir zwei Maedchen geschnappt, Rosmery und Luzdary (ich dachte mir, bei Jungs und Maedels in dem Alter gibt es ja manchmal Hemmschwellen, deshalb mache ich das besser getrennt) und das ganze ein bisschen als Spiel verpackt. Ich war die Reporterin von einer Zeitung und die beiden ganz wichtige Leute, ueber die unbedingt die ganze Welt was erfahren muss. In Wirklichkeit wussten sie schon, dass es fuer Kinder in Deutschland ist, aber so hatten sie total viel Spass an der Idee und waren gleich Feuer und Flamme. Angefangen hab ich mit "harmlosen" Fragen, wie Geschwister, Haustiere, Alltag, welche Spielsachen sie haben etc. Es hat sich bald rausgestellt, dass die beiden, wie ich glaube, ein relativ grosses Vertrauen schon zu mir haben, weil sie total offen waren und wir auch schnell auf schwierige Themen zu sprechen kamen. Das sind dann immer wieder Momente, in denen ich staune, wie reif ein 6 jaehriges Kind schon sein kann. Aber dabei sind eben auch ganz traurige Sachen ans Licht gekommen, die mich ziemlich beschaeftigen.
Von Luzdary hatte ich glaube ich schonmal erzaehlt, das ist das Maedchen, von dem ich schon wusste, dass sie in schwierigen Verhaeltnissen lebt. Ihre Mutter scheint ziemlich streng und wenig liebevoll zu sein, die Familie ist extrem arm, sie selbst ist von einem anderen Vater als ihre kleinen Schwestern, sowohl sie als auch ihre Schwester haben eine Hautkrankheit, gegen die aber niemand in der Familie was tut etc. Es gibt sicher noch mehr Dinge, die ich aufzaehlen koennte. Schon, als ich nach ihrer Wohnsituation gefragt habe, wurde mir dann klar, dass sie NOCH aermer sind, als ich gedacht haette. Das Haus hat zwei Zimmer, fuer fuenf Personen und das heisst nicht wie in Deutschland PLUS Kueche und Bad. Sie selbst schlaeft in einer Wiege, wobei sie eigentlich dafuer schon zu gross sein muesste. Eine Kueche haben sie gar nicht, nur eine Feuerstelle draussen. Dass es kein fliessend Wasser gibt, muss ich glaub ich nicht extra erwaehnen. Dann leben sie auf engstem Raum mit Huehnern, Kuehen und Schweinen, es koennte sein, dass daher auch die Hautkrankheit kommt.. Nach der Schule sieht sie nur fern, mit der Ausnahme, dass sie einmal am Tag zum Strassenverkauf geht, um Sachen einzukaufen, die ihre Eltern ihr auftragen. Ansonsten macht sie bis zum Schlafengehen nix anderen. Das ist, wie ich finde, schon ziemlich traurig aber lange noch nicht alles. Ich hab sie naemlich dann gefragt, wie sie sich ihre Zukunft vorstellt. Sie moechte gerne studieren und dann Aerztin oder Polizistin werden. Auf die Frage, ob sie denn auch heiraten und Kinder haben moechte, hat sie so entschieden mit NEIN geantwortet, dass ich schon hellhoerig geworden bin und dachte "gut, jetzt vorsichtig, weil es jetzt persoenlich wird fuer sie, aber da musst du nachhaken". Also hab ich sie gefragt, ob sie findet, dass eine Frau, die alleine lebt, besser dran ist. Die Antwort war "ja". "Warum", habe ich gefragt.
-"Weil es dann keinen Mann gibt, der sie misshandeln und schlagen kann".
-"Passiert das in deiner Familie?"
-"Ja, mein Vater schlaegt meine Mama oft"
-"Und schlaegt er auch dich und deine Schwestern?"
Dass die Antwort auch hier wieder ja sein wird, hab ich mir schon vorher gedacht. Da musste ich schon schlucken. Bei Rosmery hat das Ansprechen dieses Themas anscheinend auch was geloest, denn sie hat dann eingeworfen, ihr Vater wuerde ihre Mutter auch schlagen. Das hat mich dann nochmal schockiert, weil ich eigentlich immer dachte, dass Rosmery aus ganz guten Verhaeltnissen kommt und sie auch einfach ein so froehliches, aufgewecktes Kind ist. Die Wahrheit sieht anders aus. Ihre Eltern sind eigentlich tagsueber nie zu Hause weil sie arbeiten, bei ihr ist dann ihre Tante und auch in dieser Familie findet haeusliche Gewalt statt.
Meine letzte Frage an die beiden war, was denn ihr groesster Wunsch waere. Wenn man eine solche Frage an zwei sechsjaehrige Maedchen richtet, dann erwartet man Antworten wie "Mal das Meer zu sehen, mal in einem grossen Haus leben, Spielsachen fuer 10000 Cordoba einkaufen, ein eigenes Pferd, etc." Aber nein, die Traeume dieser Maedchen sehen anders aus:

Rosmery sagt, die hat nie Traeume, ausser wenn ihr Vater ihre Mutter schlaegt, dann wuenscht sie sich nichts mehr, als dass er damit aufhoert und es nie wieder macht.

Luzdarys Traum ist es, zu studieren und eine gute Arbeit zu haben, mit der sie Geld verdient, das sie ihrer Mutter geben kann, damit ihre kleinen Schwestern keinen Hunger mehr haben muessen. Und ihr anderer Traum ist es, dass ihre Schwester gesund wird.
Ich habe sie dann gefragt, ob sie sich das nicht auch fuer sich wuenscht, weil sie doch die gleiche Krankheit hat, da meinte sie nur, das sei ihr egal, wichtig ist, dass ihre kleine Schwester gesund wird.

Ich hab mir das vor den Maedchen natuerlich nicht anmerken lassen, aber das war schon harte Kost. Man erwartet von einem sechsjaehrigen (!!!) Kind niemals eine solche Reife. Das Problem ist, dass es zwar wohl auch ein wenig mit ihrem Charakter zutun hat, aber eine solche pessimistische und irgendwie auch realistische Weltanschauung zeigt doch vor allem, dass diese Kinder im Grunde keine Kinder sein duerfen zu Hause. Was ich da bekommen habe heute, ist ein ganz anderer Einblick in ihr Leben. In der Schule sind sie eben Kinder, spielen, lachen, sind laut und manchmal anstrengend, wollen nicht lernen, albern rum.. wie man sich Kinder eben vorstellt. Aber zu Hause sieht das ganz anders aus... Mit sechs Jahren keine kindlichen Traeume zu haben, dass ist irgendwie unfassbar heftig. Wenn ich versuche, mich zurueck zu erinnern, wie ich mit sechs Jahren war oder auch, wenn ich mir die Kinder vorstelle, die ich aus Deutschland in diesem Alter kenne, dann ergibt sich da ein voellig anderes Bild. Sind Kinder in diesem Alter nocht normalerweise unbedarft, haben Traeume und eine wundervolle kindliche Naivitaet? Und sollte es nicht auch so sein?

Am Dienstag werde ich die beiden zu Hause besuchen, ich bin gespannt, was ich da so zu sehen bekomme.
Auch wenn mir dieses Gespraech heute schon ein wenig zu denken gibt, bin ich total dankbar dafuer. Zum einen fuer das Vertrauen, dass die Kleinen mir entgegengebracht haben und zum anderen, weil es mir wieder einmal einen Einblick in so viele Dinge ermoeglicht hat. Zum einen in die Menschen, denn ich weiss, dass haeusliche Gewalt hier keine Seltenheit ist, aber es aus dem Mund von zwei kleinen Maedchen zu hoeren, die damit leben, ist nochmal etwas ganz anderes.
Zum anderen zeigt es aber soviel ueber die Psyche der Kinder, wie praegend die familiaere Situation ist, sie stark die Kindheit davon abhaengig ist, und wie sehr es die Entwicklung der Kinder beeinflusst. Da hoer ich jetzt auf, weil es sehr psychologisch ist. Das ist fuer mich zwar waaaaahnsinnig interessant aber fuer viele bestimmt auch langweilig und da ich darueber jetzt einen Roman hier schreiben koennte, hoere ich lieber rechtzeitig auf. Wer mehr darueber wissen will, soll Bescheid sagen und kann sich gerne mit mir in einer stundenlangen Disskussion darueber verlaufen :)
Aber Spass beiseite. Das war schon ein wirklich besonderes Gespraech und ich habe unter anderem auch gemerkt, wie sehr es mich reizen wuerde, mit Kindern zu arbeiten. Also auch, wenn ich mir ueber meine berufliche Zukunft Gedanken mache. Es macht mich traurig, dass ich diesen Maedchen nicht helfen kann, denn in zwei Wochen bin ich nicht mehr hier. So wie es eben mit Freiwilligen ist. Ich kann nur einen Einblick bekommen, vielleicht ein bisschen ihre Situation kennen und verstehen lernen und die Erfahungen nach aussen tragen, unter die Leute bringen, so wie ich es grad tue. Auf diese Weise werden vielleicht ein paar mehr Leute wach, und halten sich wieder mal vor Augen, wie gut wir es in Deutschland haben.
Das heisst nicht, dass es nicht auch dort Kinder in schwierigen Situationen oder haeusliche Gewalt gibt. Das will ich damit auf keinen Fall sagen. Aber ich behaupte, das Armut solche Probleme foerdert. Ich versuch das mal zu erklaeren:
Aus Armut folgt zum Beispiel Abhaengigkeit. Viele Frauen hier haben rein wirtschaftlich gesehen ueberhaupt keine Moeglichkeit, sich von ihrem Mann zu trennen, auch wenn sie misshandelt werden. Da gibt es zum Beispiel ganz andere Moeglichkeiten.
Auch auf staatlicher Ebene. Nicaragua ist einfach ein verdammt armes Land. Wenn in Deutschland ein Kind von den eignenen Eltern bis zum Tode misshandelt wird, dannwird das zum Beispiel oft als gravierender, wahnsinnig trauriger Fehler des Jugendamtes tituliert. Hier gibt es nichtmal ein vergleichbares Amt, das die selben Moeglichkeiten hat wie in Deutschland. Was hier Familienintern alles an Misshandlung, Vergewaltigung etc passiert, kann niemand genau wissen und auch niemand wirklich herausfinden.
Wenn in Deutschland ein Kind zur Polizei gehen wuerde und erzaehlen wuerde, in was fuer schlechten Verhaeltnissen es lebt, mit Gewalt und so weiter, dann wuerde sowohl der Staat, als auch die Presse Alarm schlagen. Hier hat man andere Probleme. So hart es klingt.
Deutschland ist so geordnet, so reich und wohlstaendig, dass man Moeglichkeiten hat, Kinder in solchen Situationen zu unterstuetzen und sie im Notfall dem Einfluss der Eltern zu entziehen. Dafuer gibt es Heime oder Pflegefamilien.
Nicaragua viel ungeordneter, die Situation ist instabil, der Staatsapparat korrupt und es fehlt vorne und hinten an Geld.
Bei der Menge an Strassenkindern, die ueberhaupt kein zu Hause haben, kann sich niemand um Kinder kuemmern, bei denen es zu Hause nicht so gut aussieht. Sollen sie froh sein, dass sie ein Zuhause und etwas zu essen haben.
Manchmal ist die Wahrheit echt deprimierend aber ich musste das grade mal aussprechen.

Morgen versuche ich, mal wieder ein paar Fotos online zu stellen und ich hoffe, der naechste Post wird wieder froehlicher..

Es gruesst euch, eure Natiiii

Samstag, 14. November 2009

Die Zeit rennt

Wie schlimm.. mir bleiben nur noch zwei Wochen in Nicaragua. Drei Monate sind zu kurz. Eindeutig. Ich hab das Gefuehl, noch so viel machen zu muessen, aber einfach keine Zeit mehr zu haben, ich will noch so viel sehen und ueberhaupt. Deshalb bin ich schon am Fluege fuer naechstes Jahr suchen :)
Aber kommen wir mal zum hier und jetzt. Grade hab ich naemlich Besuch von Farina. Fuer alle, die sie nicht kennen, ich hab mit ihr Abi gemacht und sie macht grad eine Rundreise durch Suedamerka und da haben wir spontan entschieden, dass sie mich mal besuchen kommt. Mittwoch ist sie gekommen und bleibt bis Montag oder Dienstag. Eigentlich wollten wir heute wegfahren nach Leon und dann weiter an den Pazifik nach Las Peñitas aber Nati hat sich ne Erkaeltung zugezogen (eine Sache, die auch nur ich schaffen kann, sich bei 35 Grad eine Erkaeltung zu holen) deshalb lieg ich heute flach und hoffe, es wird morgen schon besser sein, damit wir trotzdem unseren Strandtag machen koennen.
Abgesehen davon ist es totaaaaal cool, jemanden hier zu haben, den man kennt und auch, mal wieder ein bisschen Deutsch zu reden, wobei wir uns viel auf Spanisch unterhalten, damit Vivi uns versteht. Am ersten Tag dachte ich auch tatsaechlich, ich hab Deutsch verlernt, da ich diverse Male auf Spanisch angefangen habe zu reden, ohne es zu merken.
Mittlerweile bin ich wieder drin :)
Ich stelle bald mal ein paar Fotos der letzten Tage rein, jetzt mach ich erstmal wieder Schluss, bin nicht so richtog in Schreiblaune heute..

Adios Amigos

Samstag, 7. November 2009

Hurrican Ida in Nicaragua

Hey ihr,

vielleicht haben einige von euch gehoert, dass der Hurrican Ida Nicaragua erreicht hat.
An der Altantikkueste mussten deswegen auch um die 1000 Menschen evakuiert werden.
Wollte eigentlich nur kurz mitteilen, dass man sich um mich aber keine Sorgen machen muss, der Hurrican ist nur an der Altantikkueste und wird Managua nicht treffen. Zum Glueck.
Ein bisschen was haben wir von dem Sturm gemerkt aber nur in Form des Wetters. Seit Donnerstag ist der Himmel grau und es regnet, obwohl die Regenzeit eigentlich jetzt vorbei sein muesste. Das ist auch kein tropischer Platzregen wie normalerweise sondern es regnet eben fast den ganzen Tag vor sich hin. Wie in Deutschland. Koennte man glatt heimische Gefuehle kriegen :) Hoffen wir mal, dass der Sturm sich bald beruhigt und keine Opfer fordert!!

Liebe Gruesse

Dienstag, 3. November 2009

Nachtleben, Fiesta del Quesillo, Pochomil

Hui dieses Wochenende ist viel passiert :) Ich beginne chronologisch am Samstag.

Nachtleben

Ich hatte tatsaechlich mal abends was vor, ich kanns selbst kaum glauben. Es fing damit an, dass ich im stroemenden Regen am Nachmittag (es muss ja noch hell sein) zu Vanessa gefahren bin ( der anderen Freiwilligen). Die Anfahrt, einmal quer durch Managua, beinhaltete meine erste Taxi-Fahrt alleine. Taxifahren darf man sich nicht so vorstellen wie in Deutschland. Erstens sind die Taxen alt, klapprig und zum Teil kaputt (es fehlen Scheiben, Tueren lassen sich nicht oeffnen, Anschnallguerte gibt es sowieso erstmal gar nicht) aber das ist nicht das Schlimme. Zum anderen naemlich ist Taxi-Fahren nicht unbedungt ein sicheres Fortbewegungsmittel. Es kommt immer wieder zu (bewaffneten) Raubueberfaellen oder schlimmerem, viele Taxifahrer haben keine Lizenz und einige geben sich eben auch nur als solche aus. Das auswaertige Amt warnt davor, ueberhaupt Taxen zu benutzen und auch muendlich ueberliefert hab ich schon einige Schauergeschichten gehoert. Dementsprechend hatte ich ein ungutes Gefuehl und meine Nagelschere griffbereit in der Hand. Ist zwar ein bisschen
seltsam, da einem im Ernstfall wohl die Nagelschere auch nicht weiterhilft aber man fuehlt sich zumindest ein bisschen bewaffnet ;) aber zum Glueck habe ich sie nicht mal annaehernd gebraucht. Es ist alles gut gegangen und ich glaube, wenn man einfach ein bisschen aufmerksam ist und auf seine Intuition vertraut, kann man tagsueber ruhig Taxifahren, was ich dieses Wochenende letztendlich auch ziemlich viel gemacht hab. Nach der ersten Fahrt war auch das ungute Gefuehl weg, die Hemmschwelle also sozusagen durchbrochen.
Ich bin also zu Vanessa und hab da mit ihr und ihrer Mitbewohnerin Jenny zu abend gegessen. Um acht wurden
wir dann abgeholt und haben uns mit zwei Mitarbeiterinnen vom
Casa Samaritana in einer Bar getroffen. Da hat eine brasilianische Band live gespielt, was ziemlich cool war und auch die Stimmung in der Bar war gut. Viele junge Leute aber insgesamt ein sehr angenehmes Publikum.
Zu uns gestossen ist dann noch eine Frau, die zwar schon etwas aelter war aber dafuer umso lustiger. Sie ist mit einem Deutschen verheiratet, spricht aber selbst nur ganz wenig.
Danach sind wir dann weiter in eine Disko. Auch da war das Publikum sehr angenehm, kaum jemand betrunken oder irgendwie komisch. Es waren alle Altersklassen vertreten und gute Stimmung. Der Laden war echt anders, als man sich eine Diskothek vorstellt, vor allem, wenn man bedenkt, dass es fuer nicaraguanische Verhaeltnisse viel Eintritt kostet (30 Cordoba, also ca ein Euro). Auf Einrichtung oder so wird naemlich kaum Wert gelegt, es war einfach ein grosser Raum mit einer Tanzflache in der Mitte und Sofas und Stuehlen aussenrum. Nix mit speziellem Design, Lichteffekten oder so. Die Musik war eine Mischung aus modern und traditionell, fast ausschliesslich auf Spanisch und typisch fuer Lateinamerika. Zwischendurch hat auch eine Band live gespielt und es wurde Karaoke gesungen, wo ich auch fleissig mitgesungen hab, ohne die Lieder zu kennen, was fuer allgemeine Belustigung unter den Leuten gesorgt hat, mit denen ich unterwegs war. Ich hab viel getanzt und das macht echt total Spass. Es tanzen naemlich fast alle. Getanzt wird zwar frei aber die Schritte enthalten immer ziemlich viel Salsa, Samba etc. Es tat unheimlich gut, mich mal wieder ein bisschen auszutoben und auch mal laenger aufzubleiben als bis 12 Uhr. Uebernachtet hab ich bei Vanessa, da es bis zur Villa Libertad einfach viel zu weit ist und ich auch nachts eigentlich nicht nach Hause komme.
Am Sonntag hab ich dann das erste Mal seit zwei Monaten ausgeschafen (bis halb 10). Bei uns hier ist das nicht moeglich, da Lucohed am Wochenende meistens um 6 oder 7 anfaengt zu arbeiten, das bedeutet Motoradlaerm direkt neben meinem Zimmerfenster und wenn es mal nicht das ist, dann schreien mich Huehner, Hunde sonst irgendwas immer wach.

Fiesta del Quesillo

Nach dem Fruehstueck haben wir uns
dann zu zweit auf den Weg nach Nagarote gemacht. Das ist ein Pueblo ca eine Stunde von Managua entfernt.
Der Grund des Ausflugs war die "Fiesta de Quesillo". Quesillo ist das fuer Nagarote typische Essen, ein Tortilla mit Kaese, Salat und Sosse. Und einmal im Jahr wird das eben gefeiert. Dann gibt es viel Staende mit Essen, viele mit Kleidung, Schuhen, Taschen, Schmuck und typische nicaraguanischen Sachen.
Ausserdem ist eine Buehne aufgebaut, wo irgendwelche Musik, Taenze oder aehnliches aufgefuehrt wird. Und es gab ein mit der Hand betriebenes Karussell fuer Kinder. Es war ein Fest nur fuer die Einheimischen, wir waren wohl die einzigen Touris. Sowas ist immer interessant, weil es einem viel ueber die Kultur und die Menschen eines Landes verraet. Ich hab ein bisschen was gekauft und anschliessen haben wir natuerlich auch Quesillos gegessen. Ansonsten gibt es in Naragote nicht viel zu sehen aber es ist ein nettes kleines Oertchen und war ein schoener Ausflug.

Pochomil

Montag war hier ein Feiertag. Sowas wie Totensonntag, nur, dass es kein Sonntag war und hier dann auch richtig was los ist. So ziemlich jeder, bei dem jemand in der Familie verstorben ist, geht dann zum Freidhof, um das Grad zu verschoenern und mit Blumen zu schmuecken. Das sieht man schonmal daran, dass es auf einmal ueberall Blumen zu kaufen gibt, was sonst eigentlich nicht der Fall ist. Und wenn man an einem Friedhof vorbeikommt, wimmelt es von Menschen und Blumen, alles ist bunt und es herrscht ein reges Treiben. Ich finde diesen Brauch total schoen, da das ganze Land gemeinsam trauert und an die Verstorbenen denkt. Eine der wunderschoenen Seiten dieser Kultur, davon koennten wir uns ein bisschen abschneiden finde ich.
Vanessa und ich haben den freien Tag fuer einen weiteren Ausflug genutzt. Leider musste sie bis zum spaeten Vormittag arbeiten, so kamen wir nicht wirklich frueh los. Geplant war Pochomil, ein kleiner Ort direkt am Pazifik. Leider hat uns niemand gesagt, dass der Bus dahin ueber zwei Stunden braucht. So hatten wir in Pochomil selbst nur total wenig Zeit, aber eigentlich fahr schon die Fahrt dahin ein Erlebnis wert. Es ging naemlich vorbei am dichtesten Wald, den ich in meinem ganzen Leben gesehen hab, wenn ich mich nicht irre, zaehlt man den auch zum mittelamerikanischen Dschungel. Das ganze war ziemlich uneben und durch diese "Dschungel-Berge" schlaengelte sich eine Strasse. Dementsprechend ging es manchmal links und rechts steil runter, fragt mich nicht, wieviele Meter, ich will es gar nicht wissen! Gesichtert durch Leitplanken oder so war da natuerlich gar nichts aber ich haette auch mit Leitplanken Todesaengste durchgestanden. Wenn es neben einem steil runter geht und du weit weit unter dir nur Urwald siehst, und dann der Busfahrer mit seinem ca 1000 Jahre alten Bus mit ca 1000 km/h ueber die holprige Strasse pest und man bei jeder Kurve denkt, diesmal schafft der Bus es nicht, diesmal kommen wir bei diesem Tempo nicht um diese scharfe Kurve, dann wird einem doch ganz anders. Die Sicht jedoch war der absolute Hammer. Bis zum Horizont konnte man gucken und da war nichts als Wald, keine einzige Siedlung, kein Dorf, nix. Und irgendwann tauchte dann am Horizont hinter dem Dschungel der Pazifik auf. Ich hab versucht, Fotos zu machen, aber erstens war das aus dem Bus raus schwierig und zweitens ist es sowieso unmoeglich, dieses Hammer-Bild auf einem Foto wiederzugeben. Man kann es sich also nur annaehernd vorstelllen.







Pochomilo ist ein huebscher Ort und wirklich direkt am Pazifik. Der Strand war leer, breit und echt schoen. Das Meer war warm, wie meine Fuesse festgestellt haben. Ganz baden konnte ich leider nicht, aus mangelnder Zeit aber es war schon toll, einfach aufs Meer rauszugucken und mir den Wind durch die Haare wehen zu lassen. Nirgendwo anders fuehle ich mich freier als am Meer, mit den Fuessen im Wasser und dem Blick auf den Horizont. Abschliessend haben wir dann am Strand gegessen unter offenen Huetten, die getrocknete Palmwedel als Daecher hatten. So richtig schoen pazifisch eben. Ich herrlich frische Languste gegessen, die hier deutlich guenstiger ist als in Deutschland und es war sehr sehr lecker. Leider hatten wir nicht mehr Zeit, aber es war die Anfahrt trotzdem wert. Es folgen noch einige Fotos :)





Samstag, 31. Oktober 2009

Von Armut, persoenlichen Krisen und deren Bewaeltigung

Wer in Managua ist, der kann nicht uebersehen, dass Nicaragua ein armes Land ist. Die Armut ist allgegenwaertig, die springt einem ins Gesicht. Heruntergekommene Haeuser, Dreck, Muell, duenne dreckige Kinder in alten, halb zerissenen Klamotten auf der Strasse, die vielen Arbeiter, die versuchen, mit dem Verkauf von Wasser oder Essen einen Lebensunterhalt zu verdienen, die alten, lauten, klappernden Busse, Obdachlose, Flaechen, auf denen Menschen unter Plastikplanen leben und und und... Kommt man mal an einem McDonalds oder einem grossen Supermarkt vorbei, dessen grosses Gebaeude einem fuer einen kurzen Moment ein vertrautes Gefuehl gibt, wird man spaetestens von den in der Naehe wartenden Bettlern wieder erinnert.
Die Armut ist so offensichtlich, wie sie sich jemand, der aus Deutschland kommt, wohl nicht vorstellen kann. So ging es auch mir. In meinen ersten Tagen hab ich mich gefuehlt wie eine Schaulustige. Es war ein aehnliches Gefuehl, wie wenn man an einem vor kurzem geschehenen Unfall vorbeifaehrt. Auch wenn man es nicht will, muss man hingucken in einer Mischung aus Neugierde und Scham eben darueber, dass man nicht wegsehen kann. Man empfindet Mitleid fuer die Opfer, hat aber die noetige Distanz, um es einen nicht zu persoenlich treffen zu lassen. So aehnlich war mein Gefuehl, als ich der Armut hier das erste Mal begegnet bin. Sie ist neu, ungewohnt und nicht zu fassen.
Im Laufe der Zeit veschwindet dieser erste Schock, man gewoehnt sich langsam an den Anblick, hat ihn aber noch lange nicht wirklich an sich herangelassen. In dieser Phase hat mich ein seltsamer Stolz erfasst darueber, dass ich nun weiss, wie gut wir es in Deutschland haben. Dass ich die Erfahrung machen kann, der Armut direkt in der dritten Welt zu begegnen, sie in mich aufzusaugen, um das Leben in Deutschland besser wertschaetzen zu koennen.
Dieser Stolz wurde begleitet von einer Motivation, die ich nicht genau beschreiben kann. Ich wollte dieses errungene Wissen ueber Armut und die Lebensbedingungen hier teilen, es verbreiten, etwas bewegen, in Gang zu setzen und so vielleicht langfristig sogar etwas veraendern zu koennen. Es war nicht so, dass ich dachte, ich kann ernsthaft irgendetwas an der Tatsache drehen, dass die Menschen hier arm sind. Vielmehr kam die Motivation aus dem Wunsch, einigen Menschen zuHause zu verstehen zu geben, die Lebensbedingungen dort nicht als selbstverstaendlich anzusehen.
Dann folgte eine Phase, in der ich die Armut kaum bemerkte. Diese Zeit war insgesamt eine Hochzeit, mir ging es ziemlich gut, eine Art Euphorie hatte mich gepackt. Ich bin innerlich aufgegangen in meinen Projekten, der Kultur, der Sprache, mit den Menschen, die mich umgeben. Wenn ich im Bus sass und durch die Stadt gefahren bin, habe ich die Sonne gesehen, die vielen Baeume und Blumen, das Laecheln der Menschen, ich habe die Musik gehoert, die Waerme gespuert aber die Armut ist an mir abgeprallt. Ich weiss nicht, ob ich einfach eine rosarote Brille aufhatte, ob ich es verdraengt habe oder die schoenen Dinge einfach herausgestochen sind, wahrscheinlich war es fuer diese Phase notwendig.
Jetzt hat sich wieder etwas gewandelt. Ich glaube, ich bin angekommen.
Es ist nichts neues mehr, nicht mehr ungewohnt, nicht mehr so erschreckend... Vielleicht sehe ich die Armut jetzt realiltisch, als das was sie ist. Etwas allgegenwaertiges, nicht zu uebersehen, etwas alltaegliches und auch, dass es keinen Ausweg gibt. Die Menschen, die in Armut leben, koennen ihr nicht entfliehen. Nur die wenigsten. Ausnahmen. Mit viel Glueck. Anonsten gilt.. wer arm geboren wurde, stirbt arm. Ich spreche hier nur von materieller Armut, nicht von Gefuehlen, Werten, Kultur oder aehnlichem. Viele Menschen empfinden ihre Situation vielleicht gar nicht so schlimm, wie sie auf mich wirkt. Sie kennen es ja nicht anders und haben sicherlich auch nicht den Ansatz meiner Ansprueche. Aber mir kriecht sie im Moment in jede Pore, nistet sich ein in meinen Sinnen, meinen Gefuehlen, meinem Kopf. Und das belastet mich ziemlich.
Es deprimiert mich, vielleicht ist das das bessere Wort. Ich will im Moment keine heruntergekommenen Gebaeude und armen Menschen sehen, das gebe ich jetzt mal einfach so zu, auch wenn es ueberheblich klingen mag. Ich wuerde dem so gerne einfach nur ein paar Tage entfliehen, europaeische Haeuser, Menschen, Laeden, Restaurantes sehen. Aber es geht nicht und DAS IST AUCH GUT SO!!
Es ist gut, dass ich mich dem weiterhin stellen muss, dem eben nicht entfliehen kann. Ich denke, wenn ich das ueberwunden habe, vielleicht kann ich sie dann erst richtig begreifen, die Armut.
Bis dahin ist es aber wirklich anstrengend. Und kostet mich viel Kraft. Kraft, die mir dann bei den alltagelichen kleinen Krisen fehlt, die man in einem fremden Land so erlebt. Die ich sonst immer mit Humor genommen habe, die mich jetzt aber manchmal ziemlich aus der Bahn werfen. Bei Krisensituationen in einem fremden Kontext verhalet man sich macnhmal ganz komisch, so, wie man sich gar nicht kennt und was auch echt seltsam wirken muss. Man kann eben nicht auf uebliche Hilfsmittel zurueckgreifen, die man zu Hause hat. Und reagiert voellig anders. Ein Beispiel:
Ih hatte beschlossen, jetzt gut genug Spanisch zu koennen, um die Zeitung zu lesen. Darauf habe ich gewartet, denn Zeitung lesen macht keinen Spass, wenn ich ein Woerterbuch dazu brauche. Also habe ich mich auf den Weg zum Kiosk bzw Strassenverkauf gemacht. Keine Zeitung. Naechster Laden, auch keine Zeitung. Naechster, wieder nix. Da habe ich dann mal nachgefragt, wo man hier sowas wie ne Zeitung bekommen kann. In der naheliegenden Hauptstrasse, hier im Viertel gar nicht. Ich schon echt schlecht gelaunt, stapfe also bei 35 Grad durch die Strassen, auf der Suche nach einer Zeitung. Ein bisschen sah ich bestimmt aus wie Rumpelstilzchen. Ein Laden in der gesamten Hauptstrasse verkauft Zeitungen. Unvorstellbar. Ich hab mich in dem Moment total aufgeregt, wie politikdesinteressiert eine Gesellschaft denn sein kann etc. Man hoert dann auf, vernuenftig zu denken und faengt an, alles auf das Land, die Kulur, die Menschen zu schieben. Im Bus zur Uni wurde ich dann tatsaechlich komisch angeguckt, als ich die Zeitung rausgeholt habe. Ich hab glaub ich noch nie jemanden irgendwo hier in Managua eine Zeitung lesen sehen. Da hatte mich aber schon der Trotz gepackt und ich hab die Zeitung dann demonstativ ausgebreitet und gelesen, so dass es auch jeder sehen konnte und gedacht, die sollen sich alle mal ne Scheibe abschneiden.. Kurz vorm Metrocentro, ein grosses Einkaufszentrum ca ein-zwei Kilometer von der Uni entfernt, war auf einmal eine Polizeisperre und der Bus ist abgebogen in die fuer mich falsche Richtung. Ich bin ausgestiegen und war schon wieder wuetend, was sich zuvor im Bus gelegt hatte. Toll, jetzt darf ich den Rest laufen.
Ich bin losgestapft, es war draussen eigentlich viel zu heiss, um zu laufen aber ich hatte ja keine andere Moeglichkeit. Und schlechte Laune kann einen auch antreiben. Irgendwann hab ich dann gemerkt, dass irgedwas nicht stimmt, weil ueberall Polizei war und weiter hinten konnte ich Rauch sehen. Aussderdem fuhren auf einmal fast keine Autos mehr in Richtung Uni. Ueberall sind junge Leute rumgelaufen, die ihre Gesichter vermummt haben und ab und zu gab es in nicht allzu weiter Ferne einen Knall. Es schien von der Uni zu kommen. Mir entgegen kamen einige Studenten, die ich gefragt hab, was da los ist. So genau wussten sie das auch nicht, aber die Kurse wuerden trotzdem normal stattfinden. Dass kein Mensch in Richtung UNI lief sondern alle von der UNI weg, hat mich ein wenig beunruhigt. Also hab ich ueberlgt, was ich fuer Moeglichkeiten hab, umdrehen? Ja toll und dann? Warten? Dazu isses viel zu warm. Nach Hause? Nicht nach dem ich schon den ganzen Weg gelaufen bin. Da war er wieder, der Trotz, die Wut, die Unzufriedenheit, die mich im Moment so schnell ueberfaellt. Ich bin also weitergelaufen. Vorbei an vermummten Personen, Polizei, brennenden Strassensperren, explodierenden Knallkoepern. Und mitten in Studentenproteste geraten. Ich war so genervt von dem ganzen Tag und vor der ganzen Situation und mittlerweile so trotzig, dass ich gar nicht dran gedacht habe, umzudrehen. ICh bin also weitergestapft und mich hat niemand aufgehalten und das waere auch bestimmt schwierig gewesen, ich war der festen Ueberzeugung, mich jetzt nicht unterkriegen zu lassen. Zum Glueck bin ich heile in der Uni angekommen. Die Proteste waren nur auf der Strasse, auf dem Gelaende war alles normal. Dann musste ich mich erstmal kurz ordnen. Und dachte mir: "Bist du eigentlich voellig bescheuert?" Dass das ganze ja auch gefaehrlich sein kann, daran hab ich nicht gedacht. Laeuft sie da alleine durch gewaltsame Demonstrationen, obwohl alle anderen Leute in die entgegengesetzte Richtung laufen. Lebensmuede? Davon musste ich mich dann erstmal erholen, nachdem ich erkannt hatte, wie riskant das ganze haette sein koennen.
Ich hab meinen Spanisch-Professor gefragt, was da los ist und er meinte, es geht um den geringen Prozentsatz an Geld, den der Staat fuer Universitaeten ausgibt. Und er meinte auch, dass es bei diesen Protesten immer wieder zu Ausschreitungen und Gewalt kommt. Ich hab meine leichtsinnige Trotzaktion mal verschwiegen.
Nach meinem Kurs fuhren die Busse wieder. Ich wollte einfach nur nach Hause, als ich zur Ruhe gekommen bin, hab ich gemerkt, wie anstrengend dieser Tag eigentlich ist.
Der erste Bus, der kam, ist einfach vorbeigefahren, obwohl ich gewunken und hinterhergelaufen bin. Die schlechte Laune hatte mich wieder voll erwischt, obwohl das nun eigentlich kein Weltuntergang ist. Dann kam einfach kein weiterer. Ich kann von der Uni nach Hause nur eine Buslinie nehmen und von der bin ich abhaengig. Ich hab eine halbe Stunde gewartet, es war mittlerweile stockdunkel und dann fuehle ich mich draussen berechtigterweise nicht mehr so wohl. Ich hab die ganze Zeit vor mich hingeflucht und bin fast geplatzt vor wut. Dann hab ich mich auch noch mega erschrocken, als ploetzlich eine total verwahrloste Frau vor mir stand und mich dirakt angestarrt hat mit knallroten Augen, die schwarz unterlaufen waren. Sie haette direkt einem Horrorfilm entstiegen sein koennen. Das war das zu viel. Als der Bus endlich kam, war ich so erschoepft, so wuetend, so fertig mit den Nerven, dass ich nicht wusste, wohin damit. Ich hab nur gedacht "Ich muss hier weg". Und dass bin ich dann auch. Gedanklich. Ich hatte zum Glueck einen Sitzplatz, habe die Augen zugemacht und mir den MP3 Player in die Ohren gesteckt. Eigentlich hoere ich keinen Rock aber in dem Moment hab ich mal EGitarre auf voller Lautstaerke gebraucht, die mir den Kopf zudroehnt. Drei Lieder, dann taten mir die Ohren und der Kopf weh, aber der grossteil der Agressionen war weg. Danach House-musik und in den Gedanken hab ich drei Naechte durchgetanzt, in Hamburg, wo ich mich heimisch fuehle, mit Leuten um mich herum, die meine Sprache sprechen, die mir vertaut sind. Ich bin in Gedanken gefluechtet, war eine halbe Stunde nicht in Nicaragua, hab keine Armut und keinen Muell gesehen, keinen Stadtlaerm gehoert. Ich war in dem Moment nicht mehr in der Lage, mich zu stellen, ich bin gefluechtet. Und das war gut. Als ich die Augen wieder aufgemacht habe, musste ich mich anstrengen, keinen "Rueckfall" zu bekommen aber es ging. Im Haus hab ich dann den Rest des abends gelesen und mich nicht eine Minute mit Nicaragua, meinen Projekten hier oder irgenderwas, was mit dem allem hier zutun hat, beschaeftigt. Eigentlich bin ich gegen Verdraengung von Problemen, aber ich habe den Abstand gebraucht, den kurzen geistigen und gedanklichen Abstand, um mich ueberhaupt stellen zu koennen.
Jetzt geht es etwas besser, aber ich bewege mich vorsichtiger und versuche, Krisen zu vermeiden, weil ich sie in diesen Tagen einfach nicht so gut wegstecken kann. Ich hoffe, dass war verstaendlich, ich hab einfach mal drauflosgeschrieben, ohne darueber nachzudenken, was ich schreibe.

Dieses Wochenende werde ich mit ein paar Maedels vom Casa Samaritana, darunter auch Vanessa, der anderen Freiwilligen, unterwegs sein. Es wird mir sicher gut tun, mich ein bisschen zu amuesieren und mal auf andere Gedanken zu kommen. In Deutschland ist feiern,tanzen und meine Freunde treffen immer mein Ausgleich, dass, was mir hilft, um mich besser zu fuehlen. Das ist zwar nicht das gleiche hier aber ein bisschen Sozialleben kann ja nicht schaden :)
Bis auf die kleine innerliche Krise geht es mir aber gut, ich bin gesund und munter und ausserdem lasse ich mich ja auch nicht so leicht unterkriegen.
Bis bald eure NATI

Sonntag, 25. Oktober 2009

Wochenendgestaltung

Und schon wieder ein Post- endlich klappt es mit dem regelmaessig Schreiben. Das ist jetzt auch der letzte Post, in dem ich Infos der vergangenen Wochen nachholen muss, danach werden meine Eintraege vielleicht auch mal etwas kuerzer :)
Ein Thema zum meinem Uebergangs-Leben in Nicaragua im Allgemeinen fehlt aber noch und das sind die Wochenendbeschaeftigungen. Also erstmal muss ich ganz klar sagen, dass meine zwei freien Tage in der Woche hier deutlich ruhiger verlaufen, als ich es aus Deutschland gewoehnt bin ;) Meinem Koerper tut das mal ganz gut, meiner ueberschwaenglichen Energie weniger, aber es ist auszuhalten.
Die ersten Wochenenden waren ziemlich ruhig, ich habe viel gelesen, geschrieben, in der Sonne gesessen... Und mich am Anfang auch ziemlich gelangweilt. Wiederholte Bitten an Vivi, etwas mit mir zu unternehmen, wurden nicht erfuellt, aus Zeit-, Geld-, oder Lustmangel. Mich hat das frustriert, besonders in den ersten zwei Wochen, in denen ich in der Woche noch nicht so viel zutun hatte und vor allem, weil ich in diesem Sommer in Deutschland einfach mal quasi jeden Tag was unternommen hab. Also auch eine enorme Umstellung.
So im Nachhinein aber finde ich, die Zeit gut genutzt zu haben. Es ist auch mal wichtig, nicht permanent beschaeftigt zu sein, so in der Ruhe und auch in der Einsamkeit findet man ploetzlich einen ganz anderen Zugang zu sich, seinen Gedanken etc., was in einem fremden Kontext von enormer Wichtigkeit ist.
Trotzdem kann ich nicht leugnen, dass es mir auch gut getan hat, die letzten Wochenenden ein wenig unterwegs zu sein. Ich bin einfach ein aktiver Mensch :)
Was genau ich so gemacht hab, werde ich jetzt in einzelnen Kapiteln berichten.

Granada

Im Casa Samaritana ist vor ca einem Monet eine Freiwillige aus Spanien dazugestossen. Sie ist 28, heisst Vanessa und ist sehr nett. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden und so kam es, dass wir zusammen einen Ausflug nach Granada gemacht haben.
Das ist eine huebsche kleine Stadt direkt am grossen Nicaraguasee,
ca eine Stunde mit dem Bus von Managua entfernt. Die Busse fahren alle halbe Stunde und die Fahrt kostet 20 Cordoba, also einen Dollar. Ziemlich unkompliziert.

Granada ist eine echt schoene Stadt mit
vielen alten Gebaeuden und auch wesentlich
touristischer als Managua.
Es war toll, mal aus der alles andere als huebschen Hauptstadt Nicaraguas rauszukommen aber was noch viel angenehmer war, es war ruhig. Da ist mir erstmal aufgefallen, wie waaahnsinnig laut Managua ist.

Der Nicaraguasee ist riesengross und wirkt eher wie ein Meer.
Wen es interessiert.. der Nicaraguasee ist das Gewaesser mit den weltweit einzigen Suesswasserhaien :)
Auch hier war es sehr sehr gruen und mit dem vielen Palmen und tropischen Baeumen am Ufer haette man mir auch erzaehlen koennen, ich bin am Pazifik.
Im Schatten der Baeume haben wir selbstgemachten frischen Saft getrunken und den Tag abgerundet in einer Pizzaria. Aaaaah, ihr koennt euch nicht vorstellen, wie gut eine Pizza Margaritha schmecken kann, wenn man seit ueber einen Monat eigentlich nur Reis und Kochbananen zu sich nimmt. Grossartig, ich bin in der Pizza versunken!!!
Alles in allem war es ein Tag, der sich angefuehlt hat wieBild hinzufügen
Urlaub und ein Ausflug, der sich gelohnt hat.

Ein Wochenende in Honduras
Vorletztes Wochenende bin ich mit Vivi zu ihrer Tante und deren Familie nach Honduras gefahren. Sie leben in Choluteca, das ist gleich im Sueden, nicht weit von der Grenze entfernt, insgesamt waren wir mit dem Bus fuenf Stunden unterwegs. Landschaftlich ist der Sueden von Honduras sehr schoen, es gibt zwar keine Vulkane, wie in Nicaragua, dafuer aber sehr viele Huegel und kleine Berge. Die sind allesamt von Baeumen ueberzogen und sowieso hatte ich den Eindruck, dort ist es noch gruener als in Nicaragua, sofern dass ueberhaupt moeglich ist in der Regenzeit. Durch den meist ziemlich dichten Wald aus tropischen Baeumen schlaegelt sich hier und da ein kleiner Fluss oder Bach und alles ist ziemlich idyllisch.
Der Besuch war eine Ueberraschung und die ist uns auch geglueckt. Wir wurden aber freudestrahlend empfangen. Auch ich wurde sofort umarmt und willkommen geheissen. Einer von den Orten, an denen man sich sofoert zu Hause fuehlen kann. In dem Haus der Tante leben sie und ihr Mann mit ich glaube drei der Soehne, einer lebt auf dem Grundstueck in einem eigenen Haus und die einzige Tochter, Vivis Cousine Armida lebt mit Mann und Sohn ebenfalls in einem anderen Haus auf dem Grundstueck. Alle Kinder von Vivis Tante sind schon erwachsen und Gustavo, der Sohn von Armida, ist sechs Jahre alt. Die ganze Familie ist wahnsinnig herzlich und lieb und auch echt lustig. Samstagabend haben wir zusammen das Spiel Honduras-USA fuer die WM-Qualis geguckt und ich hab natuerlich fleissig fuer Honduras mitgefiebert. Hat zwar nicht viel genuetzt aber sie haben es ja doch noch in die WM geschafft. Sonntag waren wir in der Kirche, ich hab viel Zeit mit Gustavo verbracht (Madagaskar und Findet Nemo auf Spanisch geguckt) und anschliessend wurde mir ein bisschen die Umgebung gezeigt und wir sind abends noch eine Kleinigkeit essen gegangen.
Oooh und das muss ich erzaehlen, ich hab Aasgeier gesehen. Da lag ein toter Hund am Strassenhand und um ihn herum bestimmt 20 Geier. Riesengross sind die. Ich hatte die zuvor nur im Fernsehen gesehen, wenn ueberhaupt, naja zumindest beim Dschungelbuch ;) Auf jeden Fall war ich echt fasziniert, was dann auch fuer allgemeine Belustigung gesorgt hat. Ist da natuerlich selbstverstaendlich und auch notwendig, die raeumen naemlich auf. Und da es in Honduras noch heisser ist als in Nicaragua, sterben da nicht selten Tiere, noch mehr in den Sommermonaten Januar, Februar etc.
Was auch sehr interessant war, war, mal so aus erster Hand ueber die politische Situztion in Honduras zu erfahren. Wer es nicht mitbekommen hat, vor einigen Monaten war ja ein Militaerputsch und Praesident Zelaya wurde gestuerzt und befand sich seitdem im Ausland. Das hat fuer Proteste gesorgt und die Bilder sahen in den Medien echt dramatisch aus. Die Rede war von Verletzten, Toten, Ausgangssperre etc. Ich hab davon einfach mal gar nichts mitbekommen und die Familie hat mir erklaert, dass der Grossteil der Bevoelkerung mit dem Putsch- oder besser mit dem Regierungswechsel (wie sie es nennen) - zufrieden sind. Der ehemalige Praesident Zelaya ist sehr verschwenderisch mit der Staatskasse umgegangen und hat Massen von Geld fuer seinen privaten Luxus ausgegeben. Das ist in einem armen Land wie Honduras natuerlich fatal und sorgt fuer Wut und Frustration in der Bevoelkerung. Lediglich ein kleiner Teil hat ueberhaupt protestiert und bei den Auseinandersetzungen kam es eben zu gewaltvollen Ausschreitungen. Das war aber auch nur in den grossen Staedten wie Tegucigalpa zu spueren, auf dem Land oder in Kleinstaedten geht das Leben voellig normal weiter. Wie es immer eben ist, die Medien zeigen nur die halbe Wahrheit. Dort wo Gewalt, Krawalle, Mord und Totschlag ist, da sind die Journalisten und liefern Bilder und Berichte, aber dass es wo anders voellig entspannt zugeht, das interessiert ja keinen und das will ja auch niemand sehen. Also wird eben nur das gezeigt, was schockiert und verfaelscht dann das Gesamtbild. Im Moment wartet das Land auf die Wahlen im November. Mal sehen, wie sich die Situation dort weiter entwickelt aber auf jeden Fall war es interessant, mal eine andere Version der Geschehnisse zu hoeren.

Insgesamt war es ein wirklich tolles Wochenende mit viiiiel viel familiaerer Atmosphaere, was mir persoenlich total gut getan hat. Hoechstwahrscheinlich und ich hoffe es sehr, werden wir auch noch ein Wochenende dort hinfahren.

Mercado Oriental
Letzten Samstag waren Vivi und ich auf dem Mercado Oriental, dem groessten Markt in ganz Nicaragua. Und der ist wirklich riesig und jemand, der sich da nicht auskennt, duerfte nie im Leben alleine da rein gehen- er wuerde wohl nie wieder rausfinden.
Der Markt ist naemlich nicht offen sondern ueberdacht. Drinnen ist es wahnsinnig eng und voll. Die Gassen zwischen den Staenden und Laeden sind teilweise nur einen Meter breit, dafuer kommen aber auf einen Quadratmeter bestimmt zwei Menschen. Ein Gedraenge ohne Ende. Taschen oder so nimmt man am besten gar nicht erst mit.
Zu kaufen gibt es dort alles, von Essen ueber Cds, Schuhe, Klamotten, Buerobedarf, Dekorationskram, Schmuck, Schnick Schnack. Die Nicas sind mit Weihnachtsvorbereitungen noch frueher dran als wir. Die Laeden sind voll mit Weihnachtsdeko, alles ziiiiemlich kitschig :) Viele Touristen gibt es nicht, eigentlich kaufen dort hauptsaechlich Einheimische, auch solche, die einen eigenen kleinen Laden haben und dann in grossen Mengen auf dem Mercado Oriental dafuer einkaufen. Dementsprechend klein sind auch die Preise. Ein paar hohe Schuhe und zwei Paar flacher fuer umgerechnet zusammen ca 15 Euro, da kann man nicht meckern.
Allerdings war es dafuer auch ziemlich nervig, besonders die maennlichen Verkaufer bei der Kleidung waren horrible. Ich wurde nicht nur angequatscht und versucht, zu ueberreden, neeeein, das hat nicht genuegt. Ich wurde auch festgehalten , umarmt, mir flogen Kuesse zu und so weiter. Stehenbleiben ist natuerlich ein Fehler aber drueber aufregen aendert es auch nicht. Ich hab das ganze einfach mal mit Humor genommen, aber auch dem ein oder anderen einen ruppigen Kommentar zugeworfen. Und einen, der meinen Arm gar nicht mehr loslassen wollte, hab ich dann mal spontan angeknurrt ziemlich laut, der hat sich dann erschrocken und losgelassen, damit hatte er auch nicht gerechnet. Ich war froh, als ich aus dem Getummel nach drei Stunden wieder entflohen war, aber es war auf jeden Fall eine Erfahrung wert.


Dieses Wochenende ist mal wieder entspannt, aber ich geniesse es total, da meine Wochen echt immer ziemlich voll sind. Heute waren wir in der Kirche und haben den Mais gefeiert, das ist hier Tradition am letzten Sonntag im Oktober. Zu Besuch waren heute fuenf Leute aus Deutschland, die beim Bau der Vorschule mitgeholfen haben und auch heute wieder Geld gespendet haben. Ich hab Vivis Worte des Dankes auf deutsch uebersetzt und es war wahnsinnig angenehm, mal wieder angesicht zu angesicht mit jemandem deutsch zu sprechen. Obwohl ich der Meinung bin, dass ich es grade verlerne, denn ich hab dreimal im Gespraech nach dem Gottesdienst ausversehen auf Spanisch geantwortet. uuups :) Aber in Bezug auf meine Fortschritte im Spanischen ist das wohl ein gutes Zeichen.

In diesem Sinne, Hasta pronto

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Alltag in Managua

Haaaallo ihr Lieben,

erstmal eine gute Nachricht: Vivi (siehe Foto) die Frau, bei der ich hier wohne und mit der ich in der Vorschule arbeite, hat endlich nach langer langer Zeit wieder Internet
(mal sehen wie lange). Das heisst, ich kann von zu Hause ins Internet gehen und muss nicht immer ins Internetcafe. Daher kann ich wohl jetzt endlich mal so regelmaessig diesen Blog fuehren, wie ich es gerne moechte. Vorher war das einfach nicht moeglich, weil ich hier rund um die Uhr beschaeftigt bin in der Woche und nur am Wochenende Zeit habe, um ins Internetcafe zu gehen. Und dann will ich natuerlich erstmal Emails lesen und beantworten oder ne Runde skypen. Dazu kommt und das erschwert das Ganze, dass es um 18 Uhr stockdunkel ist und ich dann nicht mehr draussen sein sollte, daher kann ich die Abende nicht nutzen. Aaaaaber, toi toi toi, ich hoffe, uns bleibt das Internet jetzt etwas laenger erhalten.
Die Gelegenheit nutze ich jetzt mal, um ein bisschen ausfuehrlicher ueber meine Projekte zu berichten:

Vorschule
In der Vorschule bin ich immer vormittags. Es ist nur eine kleine Schule, die einer Kirche angehoert. Im Moment besuchen 22 Kinder die Schule und es gibt zwei Klassen. Ich und Vivi unterrichten Nivel 3, also die aelteren (zwischen 5 und 7 Jahre) und Carolina, die andere Lehrerin unterrichtet Nivel 2 (zwischen 4 und 6 Jahre alt).
Die Kinder lernen Lesen, Schreiben und Rechnen und ein kleines bisschen Englisch aber nicht viel, da auch eigentlich weder Vivi noch Carolina englisch sprechen.
Ich konnte dank meiner auch zu Beginn schon ganz soliden
Spanischkenntnisse von Anfang an mit unterrichten,
besonders Mathe und Englisch und mittlerweile mache ich alles, was Vivi auch macht. Wir wechseln uns viel ab und teilen uns die Arbeit. Der Vorteil daran, dass wir zu zweit sind, ist, dass die Kinder intensiver gefoerdert werden koennen. Zum Beispiel hab ich angefangen, denjenigen, die Schwierigkeiten haben, kurze Einzelnachhilfe zu geben. Also zum Beispiel nehme ich mir dann ein Kind raus fuer 20 Minuten und uebe etwas im Intensivtraining. Das bringt total viel, denn einige bekommen von zu Hause so gut wie keine Unterstuetzung
und muessen alles alleine machen.
Oft brauchen sie dann nur jemanden, der es ihnen einmal richtig erklaert und dann klappt es danach schon viel besser. Ausserdem habe ich dann auch immer die Gelegenheit, die Kleinen zu fragen, wie es ihnen geht und ein bisschen mit ihnen zu reden.
Ein Maedchen zum Beispiel hat ziemliche Probleme zu Hause. Die Mutter ist sehr schwieirg, das bekommt man auch schon mit, wenn sie die Kinder morgens zur Schule bringt. Sie ist alles andere als liebevoll und scheint sich auch nicht wirklich zu kuemmern. Das Maedchen hat eine ziemlich ueble Hautkrankheit mit richtigen Beulen, die bluten und eitern und keiner geht mit der Kleinen mal zum Arzt,
weil es anscheinend nicht fuer noetig gehalten wird.
Ich hab ihr dann gesagt, dass ich ihr ein wenig helfen werde,
solange ich hier bin, auch mit den Problemen in der Schule
und dann hat sie angefangen zu weinen. Und seitdem sucht sie total den Kontakt, will oft in den Arm genommen werden oder an meine Hand. Man merkt, wie sehr sie eine erwachsene Bezugsperson braucht, die fuer sie da ist und ihr ein bisschen Liebe gibt. Es ist schoen, dass ich das jetzt ein bisschen uebernehmen kann aber leider ist es eben nur fuer begrenzte Zeit und dann bin ich wieder weg. Vielleicht kann sie aber zumindest in sofern profitieren, dass sie merkt, .es ist auch ein anderer Umgang moeglich.
Abgesehen von einigen traurigen Geschichten wie dieser ist es aber eigentlich immer ziemlich lustig in der Vorschule. Viele von den Kindern sind echt verrueckt und es macht super viel Spass, mit ihnen rumzualbern. Ich lasse da immer meine ganze ueberschuessige Energie und wer mich kennt, der weiss, davon hab ich reichlich :) Wir lachen viel zusammen und die Kinder geniessen es ziemlich, dass eine Erwachsene mal so richtig viel Quatsch macht.

Casa Samaritana
Das andere Projekt mit den Prosituieren bzw Frauen, die irgendwie damit zutun haben, macht ebenfalls sehr viel Spass, ist aber auch deutlich "haerteres Futter". Hier bin ich immer Freitag Nachmittags zu den "Talleres", das sind Seminare mit Frauen und parallel aber seperat voneinander mit Kindern. Die Frauen, die dorthin kommen, sind in der Mehrzahl Angehoerige von Prostituierten aber auch einige direkt betroffene. Es geht bei den Seminaren um alle moeglichen Themen, von Verhuetung ueber psychologische Unterstuetzung etc. Mit den Kindern wird hauptsaechlich gespielt aber parallel auch spielerisch informiert ueber die Gefahr von Drogen etc. Die Kinder hier sind zwischen 1 und 7 Jahren und sehr sehr suess.
Zweimal in der Woche werden Hausbesuche gemacht, da bin ich nicht jede Woche dabei, nur, wenn es etwas gibt, was auch fuer mich interessant ist.
Die intensivste und wohl auch die wichtigste Arbeit des Casa Samaritana ist die Arbeit direkt auf der Strasse. Zweimal die Woche gehen wir abends los und besuchen die Prostituierten auf der Strasse. Dort verteilen wir Kondome und sehen nach, ob alles in Ordnung ist. Wenn wir im Norden Managuas unterwegs sind, koennen wir das Auto nicht verlassen, weil die Gegend sehr gefaehrlich ist. Und die Frauen stehen da die ganze Nacht, teilweise alleine.
In Masaya sind wir auch zu Fuss unterwegs, weil es weniger gefaherlich ist aber trotzdem ist es auch hier sehr hart, was man so mitbekommt, wobei es im Norden noch deutlich schlimmer ist. Drogenabhaengige, Menschen, die am Strassenrand liegen und bei denen man auf den ersten Blick nicht sehen kann, ob sie schlafen oder schlimmeres, Kinder, die kein zu Hause haben und die an Ampeln auf stehebleibende Autos warten, um nach ein bisschen Geld oder Essen zu fragen. Nachts tun sich nochmal ganz andere Abgruende der Armut auf. Fuer mich ist das auf der einen Seite hart, zu sehen und macht mir auch zu schaffen, aber auf der anderen Seite merke ich, wie sehr ich durch diese Erfahrungen reife und wie sehr es mich nachhaltig praegen wird.

Abrupter Themenwechsel:
Neben meinen Projekten, die mich schon zeitlich gut ausfuellen (nach der Arbeit auf der Strasse bin ich oft erst um halb 12 nachts zu Hause) mache ich noch einen Sprachkurs an der Uni. Das Niveau ist eigentlich etwas zu niedrig aber es ist trotzdem immer ziemlich lustig und die ein oder andere Sache kann ich auch noch lernen. Insgesamt sind wir in unserem Kurs zu siebt und aus fuenft verschiedenen Laendern: Ich vertrete Deutschland, drei kommen aus Korea, eine Frau aus Brasilien, eine aus Lybien und eine aus Russland. Alle sind schon erwachsen, ich bin also mit Abstand die juengste aber es ist immer ziemlich lustig. Heute hatten wir ein Examen, die Zwischenpruefung sozusagen und es war echt einfach. War nach 20 Minuten oder so fertig.
Ansonsten klappt es mit den Spanisch schon echt ziemlich gut, gestern dachten zwei Leute unabhaengig voneinander, dass ich aus Spanien komme, weil sie zwar gehoert haben, dass ich einen Akzent habe aber nicht gedachte haetten, dass ich eigentlich eine andere Sprache spreche. Das hat mich sehr gefreut.

In den wenigen freien Stunden am Tag, die mir bleiben, beschaeftige ich mich mit Lesen, Schreiben, Zeichnen, Vokabeln oder aehnlichem. Am Wochenende unternehme ich natuerlich dann mal was, aber das berichte ich das naechste mal. Hab ja einiges an Berichten nachzuholen :)

Auf jeden Fall kann ich nur sagen, dass meine Projekte mich zeitlich und geistig ziemlich ausfuellen und dass ich echt traurig bin, dass meine Zeit in Nicaragua im Dezember schon zu Ende ist. Danach geht es fuer mich weiiter nach Buenos Aires zu Merle, Fenja und Christoph, drei meiner Mit-Freiwilligen vom Nordelbischen Missionszentrum. Dort werde ich dann einen Monat verbringen und danach werden Fenja und ich noch ein bisschen weiterreisen. Es kommt also noch so einiges auf mich zu.

Jetzt hoer ich mal wieder auf zu schreiben aber ich verspreche, der naechste Bericht laesst nicht so lange auf sich warten.

Bis dahin viele liebe Gruesse
Eure Nati

Sonntag, 27. September 2009

Managua

Managua-

die Hauptstadt Nicaraguas, mit einer Flaeche von 544 Quadratkilometern und ca. 1,7 Millionen Einwohnern, im Suedwesten des Landes, geographisch zwischen Nicaraguas groessten Seen, dem Managua- und Nicaragua-See, mit dem Auto etwa eine Stunde vom Pazifischen Ozean entfernt, 1972 durch ein Erdbeben nahezu zerstoert worden, bis heute wurde vieles davon nicht wieder aufgebaut.
Das sind einige Fakten, die aber natuerlich nichts ueber das Erscheinungsbild, die Atmosphaere oder die Bewohner einer Stadt verraten koennen.
Im Folgenden werde ich versuchen, genau das zu beschreiben und dabei versteht sich von selbst, dass ich lediglich meinen ganz persoenlichen Eindruck von dem bis jetzt Gesehenen wiedergeben kann. Ich werde versuchen, dabei nicht zu pauschalisieren, sollte es doch passieren, sei es mir verziehen :)

Beginnen werde ich mit meinem Zuhause auf Zeit.
Das kleine Haus, das Vivi bewohnt und ich auch fuer die Zeit meines Aufenthaltes, hat, wie fast alle Haeuser in Managua nur ein Stockwerk, naemlich das Erdgeschoss. Das koennte man auf die Erdbebengefahr zurueckzufuehren sein, aber da bin ich mir nicht sicher. Es gibt eine Kueche, in der auch das einzige Spuel- bzw Waschbecken des Hauses ist. In ihr, allerdings abgetrennt, ist auch die Toilette und eine kleine Duschzelle. Fliessend Wasser gibt es nur an einer Stelle im Garten, geduscht wird also aus Eimern.


Dann gibt es in dem Haus ein geraeumiges Zimmer mit einer Tuer,
das ich bewohnen darf (siehe Foto)

Vivi wohnt, waehrend ich hier bin, in einem kleinen Raum, der nur durch einen Vorhang abgetrennt ist. Im Raum, den man beim Gang durch die Haustuer betritt, ist der Esstisch und ein paar Motorraeder abgestellt, denn Vivis Cousin, der zusammen mit ihrer Oma in einem weiteren Haus auf dem Grundstueck wohnt, repariert beruflich Motorraeder, weshalb es hier ab und zu sehr laut ist.

Die Strasse, die am Haus vorbei fuehrt ist gepflastert
(wenn auch schlecht),
was man hier keineswegs von allen Nebenstrassen sagen kann,
jedoch emfpinde ich das Viertel hier, welches sich Barrio los Corteces nennt, als sehr laendlich. Bei einem Blick die Strasse herunter sieht man mehr Baeume als Haeuser, die Grunsstuecke sind relativ gross und ziemlich gruen und mehrmals am Tag wird eine Kuhherde an den Haeusern vorbeigetrieben.

Seinen Namen hat das Viertel, weil es hauptsaechlich von der Grossfamilie Cortez bewohnt wird, der auch Vivi angehoert. Es ist ein sicheres Viertel und ich vermute, es entspricht den Massstaeben der nicaraguanischen Mittelschicht. Man kann hier alles in allem gut leben und es ist verhaeltnismaessig ruhig. Im Barrio los Corteces ist auch die Vorschule.

Verlaesst man das Viertel, stoesst man bereits auf deutlich mehr Unruhe. Hier ist mehr Verkehr, mehr Menschen auf den Strassen zu finden und aus fast jedem Haus droehnt laut Musik oder der Fernseher. Die naheliegende Hauptstrasse , die den Namen Villa Libertad traegt, ist stark befahren und fuehrt ins Stadtinnere. Am Strassenrand findet man kleine Staende, wo es warmes Essen zu kaufen gibt, was einem den Geruch von frisch gebratenem in die Nase treibt. Es gibt viele kleine Laeden, die Essen oder alltaegliche Gebruahcsgegenstaende anbieten, darunter auch das Internetcafe , das ich immer besuche. Hier geht es schon ziemlich staedtisch zu, was man an den vielen Bussen erkennt aber trotzdem fehlt es nicht an tropischen Baeumen.

Aber zu den Bussen, die sind naemlich ein Thema fuer sich. Eine Busfahrt (von denen ich mehrere in der Woche hab) ist jedesmal ein Erlebnis fuer sich. Die Busse selbst sind alt und klapprig und meistens so, wie man die gelben Schulbusse aus amerikanischen Filmen kennt, nur eben etwas aelter und kaputter. Von innen sind sie mit Spruechen wie etwa "Jesus te ama" (Jesus liebt dich) oder "Dios es grande" (Gott ist gross) oder Aufklebern versehen, von der Heiligen Jungfrau Maria bis zu Snoopy. Ausserdem laeuft stest laut spanische Musik, die mir immer gute Laune macht. Ob die Lautstaerke Fahrgaeste belaestigen koennte oder so, daruber macht sich hier keiner Gedanken. Aber ich glaube eh, dass Lausstaerke und staendige Beschallung die Nicas nicht stoert. Mich zum Glueck auch nicht, im Gegenteil, aber geraeuschempfindliche Leute koennten hier durchdrehen :)

Busfahren ist sehr billig (2,5 Cordoba fuer jede Fahrt, egal wie lange, das entspricht etwa 8 Cent) daher sind die Busse stets ueberfuellt, denn ein anderes oeffentliches Verkehrsmittel gibt es nicht.

Wenn ich von "Zuhause" einsteige, bekomme ich jedoch immer noch einen Sitzplatz und kann mir in Ruhe die Stadt angucken, denn zu sehen gibt es viel.

An den Haupsstrassen grenzt Geschaeft an Geschaeft und es gibt alles, von Lebensmitteln, ueber Kleidung bis hin zu Reperaturwerkstaetten und Autowaeschereien. Die Laeden sind meist klein und vieles wirkt improvisiert, scheint aber in sich bestens zu funktionieren. Ueberall stehen Menschen am Strassenrand und verkaufen Essen, wenn der Bus haelt, laufen Wasserverkaeufer am Fenster vorbei und schreien "Agua, Agua, Agua...!!", in der Hoffnung, dass jemand im Bus Durst hat. Einen kleinen Beutel Wasser ggibt es fuer einen Cordoba, das sind ca 3 Cent. Alles ist wahnsinnig unruhigd wuselig in den Hauptstrassen und der Verkehr schliesst sich dem an. Anfangs war mir da ech mulmig zumute bei den Ueberholmanoevern, aber mittlerweile habe ich mich total daran gewoehnt. Hauptsache, ich uebernehme den Fahrstil nicht :)

Kommt man an einem Kanal vorbei, sieht man mehr Muell als Wasser und sowieso ist Managua ziemlich vermuellt. EIne Muellabfuhr, wie man sie aus Deutschland kennt, scheint es hier nicht zu geben, die Mehrheit der Leute verbrennt ihren Muell vor dem Haus oder wirft ihn einfach irgendwo hin.

Nicaragua ist ein armes Land und seine Hauptstadt leugnet das nicht. Im Vorbeifahren sieht man oefters mal Siedlungen, in denen die Leute in winzigen Wellblechhuetten leben, ohne fliessend Wasser oder Strom. Nicht selten sieht man Menschen, die in Muellkippen neben Hunden und anderen Tieren nach Essen suchen und auch auf der Strasse sieht man wahnsinnig viele arme Leute, die betteln. Die Vorstellung, dass Menschen unter solchen Bedingungen leben, ist sclimm, aber es mit eigenen Augen zu sehen, nochmal etwas ganz anderes. Viele von uns wissen nicht zu schaetzen, wie gut wir es in Deutschland bzw. Europa haben. Fliessend Wasser, Strom, ein Dach ueber dem Kopf, genug zu Essen, diese Dinge sind fuer uns selbstverstaendlich geworden und nicht selten regen wir uns ueber Kleinigkeiten auf, wie wenn das Essen im Restaurant zu lange dauert etc. Viele von diesen kleinen Problemen kommen mir jetzt wie Nichtigkeiten vor und ich denke und hoffe, dass ich nach meiner Rueckkehr besser wertschaetzen kann, in welchem Luxus wir leben!!!

Trotz der Armut lassen sich jedoch die wenigsten Nicas die Laune verderben. Ich erlebe die meisten Menschen hier freundlich und lebensfroh. Es findet viel Leben auf der Strasse statt, da es Cafes oder aehnliches kaum gibt. Die Menschen stehen oder sitzen vor ihren Haeusern, um zu essen , zu plaudern etc.
Ich als Auslaenderin fuehle mich hier meist willkommen geheissen, zumindest habe ich diesbezueglich keine negativen Erfahrungen gemacht. Wenn man den Leuten freundlich gegenueber tritt, wird man selbst auch nett behandelt. Wenn ich an Leuten vorbeigehe, die z.b. vor ihrem Haus sitzen, werde ich zwar erst gemustert, wenn ich aber freundlich laechele und gruesse, wird mir ein liebevolles Laecheln und ein "Adios guapa" oder aehnliches geschenkt.

Nur die jungen Maenner sind manchmal etwas zu freundlich, das kann schon mal nerven, dieses staednige Hinterhergepfeife und Gerufe. In dem Punkt erfuellen die Latinos zumindest jedes Klischee ;)

Abschliessend kann ich sagen, dass Managua zwar keine huebsche Stadt ist, aber ich fuehle mich hier dennoch wohl. Die vielen Palmen und tropischen Baueme gleichen einiges aus, was die Stadt an Schoenheit nicht zu bieten hat. Und es scheint fast immer die Sonne, es ist immer was los und ebenfalls, sind es die Menschen, die Herzlichkeit und Lebensfreude ausstrahlen, und das bestimmt einen Grossteil der Atmosphaere.

Sonntag, 20. September 2009

2. Bericht nach zweieinhalb Wochen-

Buenas tardes,
nun bin ich schon seit zweieinhalb Wochen in Nicaragua.
Mein zweites Projekt hat bereits begonnen und macht ebenfalls Spass. Bis jetzt habe ich nur mit Kindern gearbeitet (deren Muetter sich zum Grossteil prostituieren). Die sind alle sehr suess und es ist schoen, dass ich fuer sie nicht, wie in der Vorschule, die Rolle als Lehrerin einnehme. Denn dort muss ich leider auch mal streng sein und kann niht alles spielerisch regeln leider :)
Schockierend ist allerdings, wie jung die Frauen teilweise noch sind. Einige waren sicher noch unter 20 und ihre Kinder bestimmt schon 4 oder 5.
Morgen werde ich einen Einstellungstest in der Uni mache, um zu gucken, welchen Kurs ich belegen kann. Dann werde ich jeden Tag eineinhalb Stunden Spanischunterricht nehmen und mich dann hoffentlich in ein paar Wochen sehr gut verstaendigen koennen.
Ansonsten wird es hier immer heisser hab ich das Gefuehl. Die Sonne hat eine wahnsinnige Kraft hier aber ich liebe die vielen exotischen Fruechte, die man hier quasi direkt vom Baum pfluecken kann. Hab schon bestimmt vier Sorten kennengelernt, von denen ich nichtmal wusste, dass sie existieren.
Leider hab ich grade nicht viel Zeit, um mehr zu schreiben aber ich versuche, mich bald wieder zu melden.. und bei der Gelegenheit auch mal Fotos online zu stellen :)
Hasta Luego

Mittwoch, 9. September 2009

Erster Bericht

Hola,
nun bin ich fast eine Woche in Nicaragua und habe viiiiiele neue Sachen erlebt und gesehen.
Der Flug war sehr anstrengend und der Abschied zunaechst eindeutig schwerer als gedacht. Als ich dann nach insgesamt 20 Stunden Reisezeit in Managua ankam, wurde ich gleich mit der Bedeutung des Wortes "tropisches Klima" bekannt gemacht. Stockduster aber heiss wie im Gewaechshaus... zum Glueck wurde ich von Vivi (Sie ist Lehrerin in der Vorschule und bei ihr wohne ich) und Blanca (Leiterin der Vorschule und eine meiner Ansprechpartnerinnen) und deren Mann und Sohn abgeholt und musste mich von da an um nichts mehr kuemmern als ankommen udn schlafen gehen.. Ich war doch ziiiemlich uebermuedet.
Am naechsten Tag war die Energie jedoch wieder da und ich bin gleich mit in die Vorschule. Die Kinder sind wirklich sehr suess, wenn auch etwas anstrengend hin und wieder. Waren noch ein wenig schuechtern. Hab nauterlich auch gleich die erste Begegnung mit einer Tarantel gemacht, na vielen Dank auch, weil ich ja auch so ein unglaublich grosser Spinnenfreund bin.. Naja ich habs ueberlebt und soweit ich weiss auch ohne gravierendes Trauma :)
Das Wochenende war sehr ruhig (wie ungewohnt) und Sonntag waren wir in der Kirche wo ich mich dann vor der Gemeinde vorgestellt hab (auf Spanisch natuerlich) was aber guuut geklappt hat und danach kamen sehr viele Leute zu mir und haben mich willkommen geheissen. War ein gutes Gefuehl.
Mit dem Spanisch klappt das echt schon ganz gut auch wenn manche Nicas sich nicht die Muehe machen, langsam zu sprechen und dann bin ich natuerlich aufgeschmissen aber dann ist Vivi immer fleissig am "uebersetzen" (also einfach nochmal langsam wiederholen, was die Person gesagt hat).
Mittlerweile sind die Kinder in der Vorschule total zutraulich und suchen auch den Kontakt total. Genau das richtige fuer mich also :)
Als mir allerdings ein dreijaehriger Junge erzaehlt hat dass sein Vater ihn mit einem Guertel schlaegt wenn er unartig ist, ist mir die Luft weggeblieben. Unvorstellbar, dass das hier bei manchen Leuten normal zu sein scheint. Ich werde Vivi mal drauf ansprechen ob das normal ist und ob man etwas tun koennte... Einfach zu handeln traue ich mich nicht und ich glaube es steht mir auch nicht zu..
Gestern war ich das erste mal im Casa Samaritana, da werde ich am Freitag anfangen zu arbeiten.
Ansonsten ist noch zu sagen, dass es hier sehr sehr heiss ist. Gestern gab es das erste Mal einen tropischen Regenguss.. Holla die Waldfee, so viel Regen auf einmal hab ich noh nie gesehen.. Heftig!!
Versuche, bald Fotos online zu stellen..
Bis dahin liebe Gruesse aus Nicaragua, hasta luego

Mittwoch, 2. September 2009

Die Koffer sind gepackt

Mein letzter Tag in Deutschland!! Es ist soweit alles fertig, nachdem ich mit Erschrecken festgestellt hab, dass mein einer Koffer 30 Kilo wiegt, hab ich alles nochmal umgepackt und bin jetzt soweit. Zumindest mit den Vorbereitungen. Das "innerlich soweit sein" ist ja immer nochmal ne andere Sache. Auf jeden Fall gibt es jetzt kein Zurück mehr und morgen vormittag gehts los!!!

Samstag, 29. August 2009

Der Countdown läuft- noch 5 Tage

Hallo ihr Lieben
jetzt ist es bald soweit. Ich hab noch fünf ganze Tage hier und ich vermute, die werden genauso im Flug vergehen wie die letzten Wochen.
Zugegeben, so richtig bereit fühle ich mich noch nicht.Zwar habe ich alle erforderlichen Impfungen bekommen, meine Resieapotheke ist da, die Mitbringsel sind besorgt und auch mit Packen bin ich schon relativ weit aber es gibt einfach sooo viel, an das man denken muss und die meiste Zeit verbringe ich eigentlich damit, meine Freunde nochmal zu sehen und Dinge zu genießen, die ich in Nicaragua nicht mehr so selbstverständlich haben werde.
Und neben diesem straffen Zeitplan versuche ich, nicht krank zu werden, sonst denken die netten Beamten am Flughafen in Managua noch, dass ich die Schweinegrippe hab und stellen mich in Quarantäne. Und das wäre wohl eher ungünstig... :)