Dienstag, 3. November 2009

Nachtleben, Fiesta del Quesillo, Pochomil

Hui dieses Wochenende ist viel passiert :) Ich beginne chronologisch am Samstag.

Nachtleben

Ich hatte tatsaechlich mal abends was vor, ich kanns selbst kaum glauben. Es fing damit an, dass ich im stroemenden Regen am Nachmittag (es muss ja noch hell sein) zu Vanessa gefahren bin ( der anderen Freiwilligen). Die Anfahrt, einmal quer durch Managua, beinhaltete meine erste Taxi-Fahrt alleine. Taxifahren darf man sich nicht so vorstellen wie in Deutschland. Erstens sind die Taxen alt, klapprig und zum Teil kaputt (es fehlen Scheiben, Tueren lassen sich nicht oeffnen, Anschnallguerte gibt es sowieso erstmal gar nicht) aber das ist nicht das Schlimme. Zum anderen naemlich ist Taxi-Fahren nicht unbedungt ein sicheres Fortbewegungsmittel. Es kommt immer wieder zu (bewaffneten) Raubueberfaellen oder schlimmerem, viele Taxifahrer haben keine Lizenz und einige geben sich eben auch nur als solche aus. Das auswaertige Amt warnt davor, ueberhaupt Taxen zu benutzen und auch muendlich ueberliefert hab ich schon einige Schauergeschichten gehoert. Dementsprechend hatte ich ein ungutes Gefuehl und meine Nagelschere griffbereit in der Hand. Ist zwar ein bisschen
seltsam, da einem im Ernstfall wohl die Nagelschere auch nicht weiterhilft aber man fuehlt sich zumindest ein bisschen bewaffnet ;) aber zum Glueck habe ich sie nicht mal annaehernd gebraucht. Es ist alles gut gegangen und ich glaube, wenn man einfach ein bisschen aufmerksam ist und auf seine Intuition vertraut, kann man tagsueber ruhig Taxifahren, was ich dieses Wochenende letztendlich auch ziemlich viel gemacht hab. Nach der ersten Fahrt war auch das ungute Gefuehl weg, die Hemmschwelle also sozusagen durchbrochen.
Ich bin also zu Vanessa und hab da mit ihr und ihrer Mitbewohnerin Jenny zu abend gegessen. Um acht wurden
wir dann abgeholt und haben uns mit zwei Mitarbeiterinnen vom
Casa Samaritana in einer Bar getroffen. Da hat eine brasilianische Band live gespielt, was ziemlich cool war und auch die Stimmung in der Bar war gut. Viele junge Leute aber insgesamt ein sehr angenehmes Publikum.
Zu uns gestossen ist dann noch eine Frau, die zwar schon etwas aelter war aber dafuer umso lustiger. Sie ist mit einem Deutschen verheiratet, spricht aber selbst nur ganz wenig.
Danach sind wir dann weiter in eine Disko. Auch da war das Publikum sehr angenehm, kaum jemand betrunken oder irgendwie komisch. Es waren alle Altersklassen vertreten und gute Stimmung. Der Laden war echt anders, als man sich eine Diskothek vorstellt, vor allem, wenn man bedenkt, dass es fuer nicaraguanische Verhaeltnisse viel Eintritt kostet (30 Cordoba, also ca ein Euro). Auf Einrichtung oder so wird naemlich kaum Wert gelegt, es war einfach ein grosser Raum mit einer Tanzflache in der Mitte und Sofas und Stuehlen aussenrum. Nix mit speziellem Design, Lichteffekten oder so. Die Musik war eine Mischung aus modern und traditionell, fast ausschliesslich auf Spanisch und typisch fuer Lateinamerika. Zwischendurch hat auch eine Band live gespielt und es wurde Karaoke gesungen, wo ich auch fleissig mitgesungen hab, ohne die Lieder zu kennen, was fuer allgemeine Belustigung unter den Leuten gesorgt hat, mit denen ich unterwegs war. Ich hab viel getanzt und das macht echt total Spass. Es tanzen naemlich fast alle. Getanzt wird zwar frei aber die Schritte enthalten immer ziemlich viel Salsa, Samba etc. Es tat unheimlich gut, mich mal wieder ein bisschen auszutoben und auch mal laenger aufzubleiben als bis 12 Uhr. Uebernachtet hab ich bei Vanessa, da es bis zur Villa Libertad einfach viel zu weit ist und ich auch nachts eigentlich nicht nach Hause komme.
Am Sonntag hab ich dann das erste Mal seit zwei Monaten ausgeschafen (bis halb 10). Bei uns hier ist das nicht moeglich, da Lucohed am Wochenende meistens um 6 oder 7 anfaengt zu arbeiten, das bedeutet Motoradlaerm direkt neben meinem Zimmerfenster und wenn es mal nicht das ist, dann schreien mich Huehner, Hunde sonst irgendwas immer wach.

Fiesta del Quesillo

Nach dem Fruehstueck haben wir uns
dann zu zweit auf den Weg nach Nagarote gemacht. Das ist ein Pueblo ca eine Stunde von Managua entfernt.
Der Grund des Ausflugs war die "Fiesta de Quesillo". Quesillo ist das fuer Nagarote typische Essen, ein Tortilla mit Kaese, Salat und Sosse. Und einmal im Jahr wird das eben gefeiert. Dann gibt es viel Staende mit Essen, viele mit Kleidung, Schuhen, Taschen, Schmuck und typische nicaraguanischen Sachen.
Ausserdem ist eine Buehne aufgebaut, wo irgendwelche Musik, Taenze oder aehnliches aufgefuehrt wird. Und es gab ein mit der Hand betriebenes Karussell fuer Kinder. Es war ein Fest nur fuer die Einheimischen, wir waren wohl die einzigen Touris. Sowas ist immer interessant, weil es einem viel ueber die Kultur und die Menschen eines Landes verraet. Ich hab ein bisschen was gekauft und anschliessen haben wir natuerlich auch Quesillos gegessen. Ansonsten gibt es in Naragote nicht viel zu sehen aber es ist ein nettes kleines Oertchen und war ein schoener Ausflug.

Pochomil

Montag war hier ein Feiertag. Sowas wie Totensonntag, nur, dass es kein Sonntag war und hier dann auch richtig was los ist. So ziemlich jeder, bei dem jemand in der Familie verstorben ist, geht dann zum Freidhof, um das Grad zu verschoenern und mit Blumen zu schmuecken. Das sieht man schonmal daran, dass es auf einmal ueberall Blumen zu kaufen gibt, was sonst eigentlich nicht der Fall ist. Und wenn man an einem Friedhof vorbeikommt, wimmelt es von Menschen und Blumen, alles ist bunt und es herrscht ein reges Treiben. Ich finde diesen Brauch total schoen, da das ganze Land gemeinsam trauert und an die Verstorbenen denkt. Eine der wunderschoenen Seiten dieser Kultur, davon koennten wir uns ein bisschen abschneiden finde ich.
Vanessa und ich haben den freien Tag fuer einen weiteren Ausflug genutzt. Leider musste sie bis zum spaeten Vormittag arbeiten, so kamen wir nicht wirklich frueh los. Geplant war Pochomil, ein kleiner Ort direkt am Pazifik. Leider hat uns niemand gesagt, dass der Bus dahin ueber zwei Stunden braucht. So hatten wir in Pochomil selbst nur total wenig Zeit, aber eigentlich fahr schon die Fahrt dahin ein Erlebnis wert. Es ging naemlich vorbei am dichtesten Wald, den ich in meinem ganzen Leben gesehen hab, wenn ich mich nicht irre, zaehlt man den auch zum mittelamerikanischen Dschungel. Das ganze war ziemlich uneben und durch diese "Dschungel-Berge" schlaengelte sich eine Strasse. Dementsprechend ging es manchmal links und rechts steil runter, fragt mich nicht, wieviele Meter, ich will es gar nicht wissen! Gesichtert durch Leitplanken oder so war da natuerlich gar nichts aber ich haette auch mit Leitplanken Todesaengste durchgestanden. Wenn es neben einem steil runter geht und du weit weit unter dir nur Urwald siehst, und dann der Busfahrer mit seinem ca 1000 Jahre alten Bus mit ca 1000 km/h ueber die holprige Strasse pest und man bei jeder Kurve denkt, diesmal schafft der Bus es nicht, diesmal kommen wir bei diesem Tempo nicht um diese scharfe Kurve, dann wird einem doch ganz anders. Die Sicht jedoch war der absolute Hammer. Bis zum Horizont konnte man gucken und da war nichts als Wald, keine einzige Siedlung, kein Dorf, nix. Und irgendwann tauchte dann am Horizont hinter dem Dschungel der Pazifik auf. Ich hab versucht, Fotos zu machen, aber erstens war das aus dem Bus raus schwierig und zweitens ist es sowieso unmoeglich, dieses Hammer-Bild auf einem Foto wiederzugeben. Man kann es sich also nur annaehernd vorstelllen.







Pochomilo ist ein huebscher Ort und wirklich direkt am Pazifik. Der Strand war leer, breit und echt schoen. Das Meer war warm, wie meine Fuesse festgestellt haben. Ganz baden konnte ich leider nicht, aus mangelnder Zeit aber es war schon toll, einfach aufs Meer rauszugucken und mir den Wind durch die Haare wehen zu lassen. Nirgendwo anders fuehle ich mich freier als am Meer, mit den Fuessen im Wasser und dem Blick auf den Horizont. Abschliessend haben wir dann am Strand gegessen unter offenen Huetten, die getrocknete Palmwedel als Daecher hatten. So richtig schoen pazifisch eben. Ich herrlich frische Languste gegessen, die hier deutlich guenstiger ist als in Deutschland und es war sehr sehr lecker. Leider hatten wir nicht mehr Zeit, aber es war die Anfahrt trotzdem wert. Es folgen noch einige Fotos :)





1 Kommentar:

  1. Hoert sich ja alles echt richtig interessant an und deine Texte lesen sich echt gut. Bei den Fotos wird man richtig neidisch. Lasse

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